Pellegrinos Schutzengel
In der Schule hatten sie an diesem Morgen an der Abschlusszeitung gearbeitet. Die Frage „Was würdest du tun, wenn du unsichtbar wärest?“ konnte Pellegrino leicht beantworten. Ohne zu zögern schrieb er, dass er dann Alexander mal kräftig in den Hintern treten würde. Normalerweise würde niemand das jemals wagen, denn Jungen, die groß, kräftig und überaus sportlich sind, greift keiner an.
Pelle, wie ihn die anderen nannten, war hingegen all das nicht. Er war klein, dick und völlig unsportlich. Zu allem Überfluss war er auch noch Italiener, blond und mit leichtem Sprachfehler. Ein einziges Mal hatte er allerdings richtig glänzen können. Seine Rolle bei der Theateraufführung bestand im Wesentlichen zwar nur aus einer einzigen Textstelle, aber als der Satz: „Ich heiße Blond, James Blond!“ ertönte, hatte er die Lacher auf seiner Seite und war nicht wie üblich der Verlachte.
Pellegrino hatte also eine Menge Probleme. Am meisten litt er unter seiner Körperfülle, die zugegebenermaßen nicht vom Wind angeblasen wurde, sondern das Ergebnis reichlichen Zugriffs auf alles Ess- und Trinkbare war.
Das Grundübel zu beseitigen, wäre sein größter Wunsch gewesen, was er am Morgen auch bei der zweiten Frage im Bogen vermerkt hatte. Die vom Arzt verordnete Kur hatte jedoch nur wenig Erfolg gebracht, und auch die sportlichen Aktivitäten gingen gegen null. Beim Fußball wollte niemand den ungelenken Jungen in der Mannschaft haben, zum Radfahren war er viel zu ängstlich, zum Schwimmen sowieso.
Was also konnte Pellegrino trösten? Nun, der Junge hatte genug Zeit, die wenigen Bücher, die es zu Hause gab, zu studieren. Sein Lieblingsbuch war eine Kinderbibel, die er von der Patentante zur Kommunion bekommen hatte.
Auf dem Einband prangte ein wunderschönes Bild von einer Berglandschaft. Über einen Fluss führte eine Brücke, die ein kleines Mädchen soeben beschritt. Hinter ihr schwebte, einer Elfe gleich, ein blondgelockter Engel mit goldenen Flügeln, gekleidet in ein wallendes, weißes Gewand. Eigentlich war sich Pelle nicht so sicher, ob es Schutzengel überhaupt gab. Schließlich war er kein Kindergartenkind mehr. Aber die Vorstellung, dass er vielleicht doch einen Begleiter hätte, gefiel dem Jungen, und mehr und mehr machte er sich ein Bild von diesem Wesen.
… und Pelle begann, sich Sorgen um diesen Schutzengel zu machen. Wie kam er bei diesem Gewicht nur mit dem Fliegen zurecht? Wie konnte er sich gegen die Größeren durchsetzen? Wie klang die Stimme im Engelschor, und was machte er, wenn die Laute bei „excelsis“ nur so zischten? Was, wenn das neue Engelsgewand mehr einer Pelle glich, und wie viel Manna steht überhaupt einem kleinen Engel zu?
All das beschäftigte den Jungen, und er fühlte sich nicht mehr allein…
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Ich „klebe“ das Bild nun in das Foto-Geschichten-Buch
Wer sich dazu äußern möchte, kann das gerne hier (oder auch dort unter dem Bild) tun.
Vielen Dank für das Interesse!
:-)
Günter7 28/11/2019 11:23
Eine schöne Geschichte, die wohl heut zu Tage auf viele Kinder zutrifft.LG Günter
marant 25/10/2019 18:36
ziemlich genau vor einem Jahr war ich in einer Kirche, rein zufällig, da habe ich auch so einen gesehen, in einer Ausstellung, wo Engeln von Kindern portraitiert wurden. Jeder auf seine weise eigenartig … man konnte förmlich spüren wie sie zustande kamen :)viele grüsse …
marant
Ruth U. 21/10/2019 20:15
Das war mir sofort klar, dass das von Dir ist :-)) ... der Engel sieht wirklich merkwürdig aus, aber Pelle macht er Mut, weil er nun weiß, dass sogar Engel kleine Dickerchen sein können.Starcad 21/10/2019 20:03
Die Geschichte klingt nach Mobbing, habe ich schon immer bekämpft. Aber er hat ja einen Schutzengel, gut so.LG Marc
Mira Culix 21/10/2019 17:57
Ich hab jetzt keine Zeit, das alles zu lesen, frage mich aber, ob da jemand Red Bull getrunken hat. Scheußliche Plörre, aber wenn´s hilft.Klacky 21/10/2019 14:14
Ich bin unsichtbar!Ich bin unsichtbar!
Ich bin unsichtbar!
Rief Pellgerino ein ums andere Mal.
Dann rannte er rüber zu Alexander und rammte ihm seinen neuen Winterstiefel, nur den rechten, denn auf dem linken mußte er ja stehen, voll und mit Macht in den Arsch, daß dieser leicht hochgehoben wurde und dann nach vorne in die Pfütze fiel.
Ich bin unsichtbar!
Ich bin unsichtbar!
Ich bin unsichtbar!
Rief Pellegrino wieder und flitzte überglücklich nach Hause.
Er zog sein Tarnkäppchen ab, war wieder sichtbar, strahlte, erzählte, allerdings ohne Details, von einem erfolgreichen Tag, was seine Mutter auf die Schule bezog.
Daher bekam er zum Abendessen auch einen Nachtisch, was es sonst nicht gab.
Heute ging er früh ins Bett, schlief schnell und happy ein und träumte wunderbar.
Am nächsten Tag, seine Laune war immer noch top, hüpfte er leichtfüßig in die Schule. In der Pause sah er, wie Alexander immer noch humpelte und sich den Hintern rieb. Pellegrino grinste in sich hinein und fragte Alexander unschuldig tuend, was er denn habe. Doch Alexander drehte sich nur um und rammte dem fetten Pellegrino erst die Faust in den Magen und dann das Knie ins Gemächt. Dazu sagte er "Unsichtbar warst Du gestern schon - aber nicht unhörbar." Und schon hatte Pellegrino wieder ein Faust im Magen. Peng! Das war ihm eine Lehre. Hinfort würde er mit Tarnkäppchen auf auch die Klappe halten.
Und die Moral von der Geschicht,
mit Tarnkäppchen auf da spricht man nicht.
Aber das weiß man doch.
(Wenn man es weiß.)