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Dietmar Olschak


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Der große Moog

Der Große Moog

In dem rinnenden Sand meiner Lebensuhr hat jedes Körnchen seine eigene Struktur. Jede Facette dieser Körnchen bricht das Licht hinein in einen ganz bestimmten Winkel meiner Seelenkammer. Jeder dieser Winkel leuchtet nur kurz auf.

Damals hatten wir wie jede Generation vor und nach uns die Schnauze voll von den bestehenden Verhältnissen und wollten ganz anders sein. Der aufsteigende Qualm hustend gerauchter Zigaretten unter dem Brückenbogen nahe dem Elternhaus trug die blechern quäkenden Töne eines Transistorradios gen Himmel. In den Hitparaden klimperten Jungs mit Pilzkopffrisuren und dem Anspruch von "No Satisfaction" unbekümmert ihre Gitarrenballaden wie weiland die Troubadours am Hof der Könige.

Doch ist solchen Strohfeuern keine Beständigkeit beschieden und stumpfen bestehende Berührungspunkte bei ständiger Wiederholung ab. Neue Geschmacksknospen erblühen.

In den sterbenden Traum von Woodstock und den Untergang der Fab Four aus Liverpool drangen die pochenden Herztöne einer neuen, elektronisch erzeugten Musik.
So wie dereinst die Toccata von Johann Sebastian Bach den Puder in den Perücken der Hofedlen emporwirbelte, so ließ der Zugriff von Emerson, Lake & Palmer auf die Tasten ihrer Synthesizer meine Hirnzellen explodieren.
Der aufschwellende Ton des Großen Moog erklang und öffnete mir bisher unbekannte Türen in neue Gefühlswelten.

Schwingende Stromteilchen, sagt der Physiker. Nichts besonderes.
Vergißt dabei, daß Erdöl nur eine Flüssigkeit ist und die Bibel nur ein Buch.
Und trotzdem haben sie die Welt verändert.

Ein Oszillator macht elektrische Schwingungen sichtbar.
Ein Moog macht elektrische Schwingungen hörbar.
Der Große Moog macht unter der Hand des Meisters aus elektrischen Schwingungen Musik.
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Seither zerschliß manch harte Jeans auf meinem weichen Hintern.
Splitter zerborstener Spiegel der Eitelkeit gruben Furchen auf meine Stirn und welke Blüten erloschener Träume raschelten zu meinen Füßen. Ich spürte das heiße Blut der Begierde und die Kälte unerfüllbarer Wünsche im Herzen. Die Puppenhaut unfertiger Illusionen habe ich abgestreift und bin zu dem Menschen geworden, der ich eigentlich bin.

Die Magie dieser Musik aber blieb.


Und wenn dereinst das letzte Sandkörnchen in meiner Uhr gefallen ist und ich eingehen muß in den dunklen Teil meines Lebenskreislaufes,
dann wird es der aufschwellende Ton des Großen Moog sein, der mich ruft.

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