Die "Orks" unter den Bäumen - Olivenhaine auf Mallorca
Mallorca im April.
Für alle Besucher, die nicht vorhaben Ihre einzige Gehirnzelle im Inneren eines Sangria-Eimers zu ertränken, ist jetzt die ideale Zeit für einen Kurzurlaub. Wo sich im Sommer eine vertrocknete, braune Wüste präsentiert, tobt jetzt das Leben. Die kargen, nährstoffarmen Böden bestechen durch ihren Artenreichtum an blühenden Wildstauden. Von solchen Wegrändern kann man in Deutschland inzwischen nur noch träumen. Die „Flora des Mittelmeerraums“ schlummert dummerweise zuhause auf meinem Nachtkästchen, die systematische Zuordnung der Blütenpracht bleibt daher weitgehend ungeklärt. Glücklicherweise ändert ein fehlender botanischer Artname nichts an ihrer Schönheit.
Heerscharen von mallorquinischen Lemmingen überschwemmen die Straßen und entlocken den genervten Autofahrern kernige Ausrufe, die in der Regel in keinem Wörterbuch verzeichnet sind. Warum sich diese rennradbewehrten Horden unermüdlich in masochistischer Selbstkasteiung über die Gebirgsstraßen der Insel quälen, bleibt eines der großen Mysterien des Universums. Bergauf würde ich schieben und bergab hätten sich meine Bremsbeläge bereits nach der ersten Abfahrt in Rauch aufgelöst. Aber jedem das seine!
Heute lag einer jener fantastischen Olivenhaine am Weg, an denen man als Fotograf unmöglich vorbeifahren kann. Olivenbäume gehören seit Jahrtausenden zu den wichtigsten Nutzpflanzen des Menschen. Die Bäume wachsen extrem langsam, können aber weit über 1000 Jahre alt werden. Aufgrund seiner auffälligen Maserung ist das Holz des Olivenbaums sehr beliebt. Mit einer Brinellhärte von 51 N/mm2 lässt es unsere deutsche Eiche (34 N/mm2) ziemlich alt aussehen, es kann lediglich mit Spezialwerkzeugen bearbeitet werden.
Der Baum ist immergrün, die derben, ledrigen, elliptischen Blättchen verdunsten nur wenig Wasser. Die silbrig glänzende, dicht behaarte Unterseite der Blättchen reduziert zusätzlich die Wasserdiffusion aus den Spaltöffnungen. Der Olivenbaum ist pflegeleicht und gedeiht auf den kargen, trockenen Böden hervorragend. Lediglich starker Nachtfrost kann einen Olivenbaum in die ewigen Jagdgründe befördern. Bei einem Extremfrost im Februar 1956 erfroren in Frankreich 2,5 Millionen Olivenbäume, der kommerzielle Olivenanbau Frankreichs stand damit schlagartig vor dem Ruin.
Es gibt wohl nur wenig Baumarten die sich durch eine derart bizarre Wuchsform wie die Olive auszeichnen. Alte Bäume sehen aus wie die Überlebenden einer mörderischen, apokalyptischen Baumschlacht. Bildlich gesprochen handelt es sich um die „Orks“ unter den Bäumen. Ausgehöhlt, gespalten, gitterförmig durchbrochen, verdreht, knorrig und von Bränden gezeichnet, jeder Baum ist ein einzigartiges, unverkennbares Individuum. Zumindest in den von mir besuchten Olivenhainen erinnert die Schnitttechnik an die subtile Vorgehensweise von Jack the Ripper oder Dschingis Khan. Man kann getrost von „Köpfen“ sprechen, die resultierende Wuchsform erinnert ein bisschen an unsere Kopfweiden. Eine beliebige deutsche Baumart mit dem Erscheinungsbild eines zerklüfteten Olivenmethusalems wäre definitiv mausetot. Ein Olivenbaum mag zwar mehr an eine surrealistische Skulptur erinnern als an einen lebenden Baum, dennoch wächst, blüht und fruchtet die Pflanze über Jahrhunderte. Als Biologe, Naturliebhaber Fotograf geht einem hier wirklich das Herz auf! Weitere Beispiele in meinem Foto-Blog:
http://www.naturgartenfreude.de/blog/foto-blog/
Photoshop-Videotutorials: https://www.youtube.com/channel/UCDR9D9vrq3r-B1tHE8R_lrg
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