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#Nicht gefragt

12.11.2023

Ich weiß, dass er hofft, dass ich nichts sage. Es regnet. Es ist kalt. Wir sind auf dem Rückweg. Ich bitte ihn anzuhalten. Er sorgt sich um meine Kamera... ich glaube eher, er hat keine Lust, mit mir im windigen Nieselregen zu stehen.

Auf einem Lärmschutzwall stehen große und auch kleine Schilder. Die kleinen Schilder wirken wie Mini-Grabsteine, verblichen vom Regen. Darauf Männer, Frauen und Kinder mit einem Pflaster über dem Mund "#nicht gefragt".

Mein Sohn fängt plötzlich auch an, zu fotografieren. Bei diesem lausigen Wetter entspinnt sich eine Diskussion um Migration, den richtigen Weg, die richtigen Orte.

Wir stehen vor großen gelben Schildern mit

"Wacht auf"
"Upahl sagt immer noch Nein"
"Help"
"Ampelregierung weg! Wir wählen Protest!"
"Wir sind alle Upahl"
"NWM steht auf"
"Hier könnte Dein Haus stehen!"
"Aufstand oder Frieden?"
"Nein zum Asylheim!"
"Denkt an unsere Kinder"
"Rassismus Nein, Realismus Ja"

Du hast ja jetzt alles im Kasten!? Nein, habe ich nicht, denn im Ort, da stehen sie wieder - Schilder. Es gibt einen kleinen Protest, nochmal für mich anzuhalten und auszusteigen. Obwohl ich sage, ich gehe auch allein in den grauen Nieselregen, kommen sie mit. Hinter einem Zaun kommt jemand und schaut mir beim Fotografieren zu. Meine Männer werden gefragt, was ich da mache, und was ich mit den Bildern will.

Sie ist Fotografin, als ob das alles erklärt. Das ist eines der Bilder, die ich dort in diesem Moment gemacht habe. Ich habe ein bisschen für die Entscheidung gebraucht, ob ich das Bild zeige oder nicht, weil es mir dann zu tendenziös erschien, als wenn es ein Urteil in sich trage. Je länger ich darüber nachgedacht habe - nein, ich urteile nicht. Es ist Zeitgeschichte. Es ist, was die Menschen gerade bewegt.

Ob nun Schilder stehen oder nicht - Upahl ist überall. #nicht gefragt

Kleines Song-Update:

„Sind alt und weiß mit Sonnenbrand
Rasenmähen am rechten Rand
Gender:innen, wir sind dagegen
NATO und Papst hab'n uns gesegnet
Sind gerne unter unsresgleichen
Wie in den guten alten Zeiten
Es müssen klare Grenzen her
Gerne direkt am Mittelmeer
Im CLS fühl'n wir uns frei
Zweihundert fahr'n auf der A3
Tempolimit kann noch warten
Kunstschnee fällt in Berchtesgaden
Steh'n für Qualitätsexporte
Jägerschnitzel, Dönermorde
Erinnerungs- und Leitkultur
Übergriffig, stolz und stur

Und im Festzelt dreh'n wir frei
Klatschen "Atemlos" auf eins und drei
Nach dreizehn Bier fall'n wir in Trance…“

Revolverheld -Alors on danse
https://youtu.be/ZkxZ2-Ws_NM?si=v62A0OZXo09yxFt4

Comentarios 31

  • Tiefdunkelblau 15/03/2024 16:58

    Ein DENKZETTEL-Bild. Gut eingefangen. Gut angeregt.
    Was das Thema betrifft, so ist das für mich eben keine Ja-Nein-Angelegenheit, sondern eines, welches Fingerspitzengefühl und Weitsicht braucht. Beide Qualitäten vermisse ich hier seit mehreren Jahren. Der darüber entstandene und weiter entstehende Unmut kommt daher sicher nicht von ungefähr. Die Balance stimmt für mich nicht. Aber wir sind hier auf einer Fotografieseite, nicht auf einem Politforum. So belasse ich es bei dem kurzen Statement. Ein Bild mit Sprengkraft. Ein Thema mit Sprengkraft. Beides kommt rüber.
    Liebe Grüße
    Karl
    • Per Anhalter 42 15/03/2024 18:09

      Viele Bilder sind politisch und manche haben sogar Kriege beendet …. Bzw. eine Friedensbewegung in Gang gesetzt (das Vietnambild). Mir reicht das Gespräch unter dem Bild… Fotografie ist vieles und mehr als ein Kommentar „wunderschönes Model“, „gutes Licht“ … hier oder auch bei insta wird oft die Realität außen vor gelassen und die Illusion und auch ein wenig der Narzissmus gepflegt.

      Es ist keine Ja-Nein-Geschichte - da hast Du Recht und deshalb sollte man darüber reden.

      Danke für Deine Gedanken und liebe Grüße Anke
  • Objek-tief 03/02/2024 12:09

    den daumen gibt es nich unbedingt nur wegen dem bild. er steht auch für den wunderbaren meinungsaustausch der sich hier anschließt.
     das thema wird sich weder hier noch anderswo für alle zufriedenstellend lösen lassen. die änderung des globalen klimas, ob hausgemacht oder nicht, wird in den nächsten hundert jahren für größere flüchtlingsströme sorgen.
    lg bernd
    • Per Anhalter 42 03/02/2024 15:32

      Ich glaube nicht an die Existenz von optimalen Lösungen, an solche, die es allen Recht machen. Aber ich halte viel davon, miteinander zu reden, welche Dinge uns am wichtigsten sind. 

      Danke Dir. Wenn unter einem Bild etwas mehr geredet wird, freut mich das. 

      Liebe Grüße Anke
  • Gerhard Körsgen 31/01/2024 12:05

    Asyl...ein schwieriges Thema.
    Klar ist dass Deutschland Zuwanderung BRAUCHT.
    Klar ist aber auch dass man "als Deutschland" nicht nur die bekommt "die man brauchen kann".
    Dann einem kleinen Ort gefühlt überproportional viele Flüchtlinge "aufzudrücken" ist politisch einfach ungeschickt.
    Eine "Patentlösung" wüsste ich allerdings auch nicht.
    Da greifen ja viele Teilprobleme ineinander und verzahnen sich...
    Am besten würde wohl helfen  den Menschen vor Ort, wo sie herkommen, eine Perspektive zu bieten dass sie dort bleiben wollen.
    Das aber ohne kolonialistisches Gebaren und erhobenen Zeigefinger sowie fernab von Korruption.
    Kriegt man wohl nicht hin.
    Ist ja auch schwierig weil man sich dazu in die jeweilige Politik der jeweiligen Länder einmischen müsste was die natürlich nicht wollen.
    Alles in allem ein hochkomplizierte Sache.
    Ein Stück weit kann ich es sogar nachvollziehen dass dann Leute die AfD wählen weil die einfache Lösungen verspricht die die Leute in ihrem Sinne sehen und wo sie deren Rechtsradikalität als das kleinere Übel ansehen was sie dann in Kauf nehmen.
    Für mich ist die AfD absolut unwählbar, also nicht falsch verstehen.
    Es gibt eben keine leichten Lösungen.         
    Und es gibt insbesondere keine "Partei die alles kann".     
    Derzeit erleben wir eine weitere Aufsplitterung der Parteienlandschaft...BSW und Werteunion kommen jetzt hinzu...was Deutschland leider nicht politisch vielfältiger , dafür aber "unregierbarer" machen wird.
    Dessenungeachtet finde ich es gut dass Deutschland sich gesamtgesellschaftlich politisiert, dass demonstriert, dass gestreikt wird.
    Wir haben im globalen Vergleich nach wie vor hohen Wohlstand.
    Den zu verlieren haben die Leute Angst.
    Wir haben also viel zu verlieren.
    Das treibt die Leute um und dem verleihen sie Ausdruck.

    Finde ich ein gutes Foto, weniger fotografisch als im Verbund mit der kleinen Geschichte die Du dazu erzählt hast und natürlich um darüber in s Gespräch zu kommen.

    Sorry für s "politisieren", aber man kommt heutzutage  eben nicht mehr dran vorbei.
    Stellung beziehen finde ich wichtig, aber noch wichtiger: Im Gespräch bleiben.

    LG Gerry
    • Per Anhalter 42 01/02/2024 15:36

      Das Bild lädt dazu ein, dass politisiert wird, da sich ja alle Welt gern neutral und tolerant zeigt, der Frust im stillen Kämmerlein gepflegt oder hinter irgendwelchen Nicknames verborgen wird, wo man mal so richtig alles rauslassen kann. Auch wenn ich nicht alles lesen mochte, was in Upahl stand, so fand ich es gut, dass es mal so offenbar war und nicht immer so getan wird, als gäbe es überall nur offene Arme.

      Es geht um Angst und um diejenigen, die vermeintlich die Ängstlichen stark oder gar zu Mutigen machen.... um die, die gar keine Demokratie mögen, denen ein Rechtsstaat nur solange wichtig ist, wie er auch ihrem Schutz dient.

      Wir sind nun schon ein paar Wochen weiter und inzwischen wird das Gedankengut so mancher offenbar. Pläne für Remigration ... schon einmal hat man so getan, als hätte man ein anderes Land für die gefunden, die man hier nicht haben möchte. 

      Wir brauchen mehr Ehrlichkeit, auch uns selbst gegenüber, um Probleme anzugehen. Wenn ich mir nicht erlaube, einzuräumen, dass es Schwierigkeiten gibt, werde ich nicht an ihnen arbeiten. Es wird an scheinbaren Problemen und anscheinenden Lösungen gearbeitet. Vielleicht lautet die Frage auch nicht, guter oder schlechter Migrant, sondern, was ist eigentlich los mit uns?

      Ich vermag nicht zu klatschen - nicht bei der DB ... nicht bei der BVG ... oder wem auch immer... schöne Vision von vier Tagen Arbeit oder weniger Stunden, aber wer glaubt denn, dass die Bahnen von heute auf morgen schon allein fahren. Wir wollen alles, auch wenn die Ziele einander widersprechen. Wir sehen nur uns... und im Zweifel können es die "guten" Migranten ja machen... was wir nicht mehr arbeiten wollen. Für mich ein bisschen kolonial ... Ja, wir haben einen hohen Wohlstand und obwohl die Zeichen auf Risiko stehen, geht diese Gesellschaft völlig egoman daran, an sich zu denken. Noch funktioniert eine Gesellschaft durch Arbeit und Leistung - tatsächlich hänge ich an diesem Prinzip und da sind bei mir alle gleich. Ich halte viel von Leistung und Lebensleistung, die zu honorieren ist, egal, wo jemand geboren ist. Wer in dieser Gesellschaft Leistung bringt, sie stützt und an ihr teil hat, der hat Ansprüche. Bei Migration geht die Gesellschaft in Vorleistung, aber diese Zeit kann nicht unendlich sein. 

      Und wenn ich so wie gestern eine Albanerin als nichtarbeitende Asylsuchende in einem Fernsehbeitrag zu Bezahlkarten vorgestellt bekomme, möchte sicher nicht nur ich verstehen, wovor sie Schutz sucht und warum sie keiner Tätigkeit nachgeht.  

      Ich könnte jetzt noch die ketzerische Frage nachschieben, wann genau denn ein Foto "ein gutes Foto" ist? ;))

      Danke Dir für Deine Gedanken!

      Liebe Grüße Annke
    • Gerhard Körsgen 04/02/2024 12:39

      Danke Anke :-) für die Antwort.
      Noch was zum "Nebenthema": Ein gutes Foto ist für mich eines welches über das was es zeigt hinausweist. Ein gutes Beispiel ist das aktuelle Foto in der agora, gemacht von einem dreijährigen Jungen. Ich hoffe es ist gestattet dass ich es verlinke, ansonsten meinen Beitrag löschen (aber vorher bitte doch das Bild ansehen):
      Agora #1/24
      Agora #1/24
      Agora 3.0 - Bildbesprechung intensiv
  • susanna-ka 15/01/2024 10:55

    Dein Bild trägt kein Urteil in sich, aber es zeigt etwas von der großen Angst, die viele Menschen umtreibt. Diese Angst ist auf allen Seiten, kommt von allen Seiten.
    Danke für deinen Mut, für das Bild und den Text.
    Herzliche Grüße, Susanna
    • Per Anhalter 42 01/02/2024 15:08

      Angst ist oft diffus und wenig konkret, oft unerklärlich, übermächtig. Der Mensch wünscht sich ein Ende. Ein schnelles Ende. Ein einfaches Ende. Eines, das von ihm nichts verlangt. Wir sind am Ende nicht weiter als in unserer Kindheit, als wir uns die Augen zuhielten und glaubten, dass das, was wir nicht sehen, einfach verschwindet. 

      Ich danke Dir für Deine Worte.

      Liebe Grüße Anke
  • Olaf Rocksien 24/12/2023 20:38

    Macht generiert sich aus Angst, Angst aus Unwissenheit -  es gäbe also Wege heraus aus diesem Dilemma, wenn sich die verführbaren Teile der Gesellschaft aus der wohltemperierten Bequemlichkeit heraus einbezögen in den Grundsatz der verantwortlichen Teilnahme. So entstünden Diskurse, die zu abgewogenen und vernunftgesteuerten Mehrheitsentscheidungen führten (die sich dann durchaus kritisch, aber eben konstruktiv mit allen gesellschaftlichen und politischen Themen befassten) und der Anfälligkeit für Agitatoren, Demagogen und redundante Populisten den Nährboden nähme.
    Wir ernten was wir säen - die 'Alternative für...' bietet eben genau das nicht, es gibt keinen konstruktiven Entwurf zum Besseren, keine Angebote, keine Vorschläge, die sich, akzeptiertermaßen auch aus einem anderen Betrachtungswinkel, problemlösungsorientiert zeigen. Diesen "Protest" durch Wahl zu befeuern bedeutet somit lediglich die innere Abkehr aus der Solidargemeinschaft hin in eine egomanische, ausgrenzende und damit begrenzte Welt, in der viele aus der jetzigen Wählerschicht die ersten und größten Opfer zu bringen haben werden.
    Sapere aude! Habe Mut, Dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen.....
    • Per Anhalter 42 25/12/2023 21:11

      Alle meinen informiert zu sein … in einer geradezu mit Informationen überfluteten Welt, in der es so viel zu wissen gibt, dass scheinbar das Gegenteil daraus erwächst - Unwissenheit. Wahrscheinlich halten sie im Zweifel Dich oder mich für Unwissende, Unbelehrbare. 

      Ich war gerade unterwegs und hatte ganz vergessen, dass ja heute Montag ist … es kann der 25.12. sein und sie tragen Deutschland zu Grabe, fordern Neuwahlen und halten Putin für ihren Freund. Plakate überall. Es gehen kaum Menschen hin, aber das bedeutet nicht, dass sie nicht in einer geschlossenen Wahlkabine gewählt werden. 

      Die Menschen wollen glauben, was ihnen versprochen wird … ob es sinnvoll ist, was sie sich wünschen oder nicht, ob es realistisch ist oder nicht. Inzwischen scheint es mehr um Glauben als um Vernunft zu gehen. 

      Danke für Deine Sicht.
    • Olaf Rocksien 26/12/2023 19:17

      Niemand wird je umfassend informiert sein (es sei denn, man kennt die Antwort "42"...) und ein vermeintliches Wissen um den Stand der Dinge ist immer subjek- und selektiv, zigfach gefiltert und durch den jeweiligen Zeitgeist manipuliert - es gibt einfach keine subjektiveren Begriffe als "Wahrheit" und "Realität", jeder von uns lebt, unbenommen davon, ob die eigene Welt eine Scheibe ist und mit dem eigenen Horizont endet oder doch etwas weiter gefasst, auf seiner eigenen Insel.
      Niemand will wohl ernsthaft alle Türen (Grenzen) öffnen und die unausweichlichen Folgen einfach wegspiritualisieren, das wäre genauso fahrlässig wie die umgekehrte Haltung des unreflektierten Ausgrenzens - also geht es darum sich auf einen Kurs zu verständigen, der Vernunft und Ethos gleichermaßen berücksichtigt, wobei ja allein schon diese beiden Begrifflichkeiten ordentlich durchdekliniert werden könnten... Lassen wir es also an dieser Stelle.
      Wenn ich einfach einfordere was mir versprochen wurde, so entmündige ich mich selbst und entziehe mich meiner Verantwortlichkeit zum Hinsehen und Abwägen. Und wenn ich dann Protestiere, dann bitte mit Substanz und einem Angebot, wie es besser werden könnte.
    • Per Anhalter 42 27/12/2023 13:17

      Es gibt gewiss unterschiedliche Grade von Wissen und Glauben ... sowohl subjektiv von innen als auch von außen betrachtet. Nur Narren glauben an die Wahrheit und halten, was sie sehen, hören, fühlen für die Realität, ohne etwas von ihrem beschränkten Horizont und ihren begrenzten Fähigkeiten zur Wahrnehmung zu ahnen. 

      Die 42 selbst ist an Genialität nicht zu überbieten, führt sie doch vor Augen, dass nicht die Antworten, sondern die Fragen das Problem sind. Warum also stellen wir diese Fragen? Weil wir hoffen, dass jemand anderes (wer oder was auch immer) eine andere Antwort hat, als die, die wir zwar erwarten oder kennen, aber nicht haben wollen. Der Sinn des Lebens? Eine Frage und viele Antworten... ein literarisch philosophisches Beispiel für die entmündigte, unwissende Menschheit. Wir wollen oft unabhängig sein, uns selbst verwirklichen ... aber viele hätten es im Ernstfall dann doch lieber, dass jemand "anderes"... "die da oben" ... die Dinge für sie klärt.
  • Torsten Senst 20/12/2023 21:25

    Immer schon wurde die Angst von Menschen genutzt, um Interessen durchzusetzen. Angst und Macht scheinen zusammen zu gehören. Vielleicht ist es nicht Dein fotografisch bestes Foto. Vielleicht besteht die Kunst hier mehr in Deinem Mut, zu zeigen, was Du gesehen hast, auch wenn das Gezeigte -  zumindest mir Angst bereitet. Ich wünsche allen Menschen auf dieser Erde ein friedvolles, ein angstfreies, ein heilendes Weihnachtsfest. Torsten
    • Per Anhalter 42 21/12/2023 19:19

      Auf jeden Fall ist Angst mächtig, und sie schafft eben auch Macht über Menschen.

      Interessante Frage, die Du aufwirfst. Was genau ist ein fotografisch gutes Foto. Alle Regeln sind beachtet und umgesetzt. An der Gestaltung der Schilder habe ich nicht mitgewirkt, sondern die Situation so genommen wie ich sie vorgefunden habe. Ich habe es optisch komprimiert durch die Verwendung des Tele... ich hatte auch Weitwinkel, aber es erzeugt eben nicht die selbe Wirkung, dass die Schilder, die Parolen sich so aufdrängen. Gerade das finde ich an dem Bild gut... Weitwinkel hätte die Wucht genommen, eine gewisse Vereinzelung geschaffen. Insofern ist es eben nicht einfach irgendwie fotografiert.... Sehr bewusst drängt sich hinten auch das Banner mit dem Hausverkauf und der Telefonnummer ins Bild. Weil auch das aus meiner Sicht erzählt. Was ich eher glaube, ist, dass das Thema an sich der fc und den meisten meiner Follower oder den Betrachtern nicht liegt. So wie ich gezögert habe, es einzustellen, würde auch ich bei anderen das Thema des Bildes mit gebotener Abwägung kommentieren. Ob es nun mein bestes Bild ist oder nicht, spielt im Grunde gar keine Rolle. Aber es ist ein lange überlegtes und mit Sorgfalt gemachtes Foto. 

      Es gibt dokumentarische Fotos, die lediglich ein Ist beschreiben... wir sehen sie jeden Tag und eventuell ist die Macht dieser Bilder größer, auch unbewusster oder aber zumindest eine andere, als die all der schönen gefühlvollen Porträts und Aktbilder. Dieses Bild erhebt keinen anderen Anspruch als die Realität zu zeigen, ein wenig aus dem Schönschön der stimmungsvollen Landschaftsbilder (die ich auch liebe) auszubrechen und zu sagen, das ist Wirklichkeit und keine Fiktion, keine Idealisierung, keine Überhöhung durch Bearbeitung oder irgendwelchen Schnickschnack und kein schöner Moment. Aber er existiert eben auch dann, wenn ihr ihn nicht sehen wollt.

      Ich wünsche Dir ein schönes Weihnachtsfest und bedanke mich für Deine Gedanken und Deine Sichtweisen auf meine Bilder. Alles Liebe und Gute für Dich!
    • Torsten Senst 13/02/2024 14:37

      Lieben Dank Dir für Dein Weihnachtsfestwunsch... ist ja nun schon wieder ein wenig her... aber noch viel mehr möchte ich Dir für Deine ausführliche Antwort bedanken, Du wundervoller Mensch, Du Fotografin, Du Model, Du Aufrüttlerin, Du Seherin, Du Bewegte und Bewegende ... und sicher noch viel mehr. Danke, dass Du mich immer wieder mit Deinen Bildern, Fotos, Aufnahmen, Dokumentationen, Themen, ... so wundervoll berührst. LG Torsten
    • Per Anhalter 42 13/02/2024 16:48

      Oh Weihnachten ist schon sooo lange her ;)) Ich bin gerade unter dem Berg von Komplimenten wieder hervorgekommen, gehe gleich wieder zurück und suhle mich nochmal darin. Herzlichen Dank Dir und liebe Grüße Anke
    • Torsten Senst 15/02/2024 20:34

      Ich wollte Dich auf keinen Fall erschlagen.... ;-) LG Torsten
  • Der Könich 18/12/2023 20:58

    das habe ich doch tatsächlich übersehen, und es wiegt schwer, das bild.

    zum einen sehe ich schlagworte, die nur für andere gelten und die eigene position emotionell aufladen und überhöhen.
    gesetze und verträge gelten nicht? und man vermisst ordnung, die doch maximal das resultat sein kann, aus befolgten gesetzen und der einhaltung nicht sittenwidriger vertäge? das einklagen von demokratie ist stets ein streitpunkt, denn selbst wenn mehrheiten nach etwas rufen was nicht in einklang mit den gesetzen und allerlei verträgen steht, hat das nichts mit demokratie und dessen verständnis zu tun. 
    andererseits fällt mir toleranz sehr leicht, wohnhaft jwd. und auch ich habe selbstverständlich meine vorurteile. aber ich erkenne sie zuwenigst und meistens als solche und trage sie nicht vor mir her. 

    die doppelmoral ist evident und das ist es, was mir stets als erstes auffällt. man wehrt sich auch vehement gegen die generalunterstellung gestrigen gedankengutes (das wird man wohl noch sagen dürfen) und bedient sich selbst der rhetorischen waffe des generalverdachtes. und natürlich inflationär des wortes 'aber', unmittelbar nach der vorwärtverteidigenden behauptung, man wäre dieses oder jenes nicht.
    das bedeutet selbstverständlich nicht, das die bedenken nicht legitim sind. aber das hier führt auch nur zur scheinlegitimierung von dummheiten, auch hier in der walachei. eine handvoll dörfer weiter, wurde ein bezugsfertiges heim von sich im besitz dieser wahrheit wähnenden brandstiftern abgefackelt. wahre helden. mit einer demokratischen mehrheit hinter sich, die sich aus stammtischmaulhelden und leuten, die einfach nur gerne radau veranstalten zusammensetzt. fussball oder flüchtlinge, egal, auptsache es kracht. 
    und natürlich stellt sich die frage der verantwortung politischer parteien, die ihren zulauf aus dem schüren von feindbildern aufrecht erhalten. und am ende distanziert man sich halbherzig, das ist zu verurteilen, aber man  müsse doch auch . . . 

    ich weiss es doch auch nicht. es ist nur nicht konsequent zu ende gedacht, hier wie dort.

    dass schlichtes 'protest zu wählen' stets die dümmstmögliche idee ist, sollte uns aus der nicht allzu fernen geschichte allerdings problemlos ableitbar sein. denn dass man gegen die, für die man jetzt (in letzter konsequenz) demonstriert, legitimiert und sich verstanden fühlt nicht mehr demonstrieren wird können, wenn wir sie erst an die macht gebracht haben, kennen wir auch nicht nur aus der französischen revolution. und dann rufen die, die für sich jede meinungsfreiheit reklamieren nach einer 'gemässigten diktatur'? weil sie sich sicher fühlen und glauben, dass dieser individualismus unter einer solchen fortbestehen wird? ja, das hat röhm wohl auch gedacht.

    ich weiss nur, dass diejenigen, die das öl verkaufen das wir ins feuer giessen, das grösste interesse daran haben, dass die krisenherde weiterhin vor sich hin köcheln. alte, weisse männer, deren qualifikation sich auf die endungen 'iot', 'ox' oder 'tär' beschränkt. 

    es wird sich wohl irgendwann zeigen, was hier gesät, und was geerntet worden sein wird.
    • Per Anhalter 42 19/12/2023 16:57

      Da steckt sehr, sehr viel in Deinen Worten:

      Ja, die Diskussion wird oft schlagwortartig geführt. Vielleicht sind wir alle inzwischen so sehr an ein Schreiben und Denken in # gewöhnt. Alles in den Worten auf den Plakaten ist emotional aufgeladen, weil die Menschen es sind - ob nun zu Recht oder nicht, ob nachvollziehbar oder nicht. Ich nehme es erstmal als die Beschreibung eines Zustands, eines Ist's. Dann kommt die Frage, warum. Warum ist das so? Wir werden nicht besser, wenn wir einander nicht verstehen. Wir halten uns für eine Hochkultur und schaffen es doch oft nicht von der Position ausgehend zu ihren Gründen. Nur, wenn wir uns mit den Gründen unserer Haltung beschäftigen, über die Herkunft einer Position reden, dann kann man irgendwas beim Gegenüber erreichen oder aber auch nicht. Es geht da nicht um's Aber oder um ein das wird man wohl noch sagen dürfen ... mir ist lieber, es wird ausgesprochen, als das man gar nicht mehr weiß, wo die Menschen eigentlich stehen und was sie denken. 

      Ja, wir haben alle unsere Vorurteile ...getriggert durch Erlebtes, Gehörtes oder Geglaubtes. Das ist beim Thema Flüchtlinge nicht anders. Es wird beim Negativen schnell die positive Erfahrung vergessen.

      Ansonsten scheinen wir ein Land des Protests zu sein ... wir wissen, wogegen wir sind, aber kennen schon lange nicht mehr den großen Weg, für den wir sein wollen. Okay, wir sind für die Energiewende ... aber wie denkt der Bayer, können die Brandenburger und die Mecklenburger machen, Windräder und Solarfelder, die Landschaft ist bei denen eh' nicht so schön. Mia san mia. 

      Es werden Subventionen gekürzt und alle sind auf den Barrikaden ... und ist man nur laut und genug an der Zahl, fällt man in Berlin oder wo auch immer direkt um, weil man es dem potentiellen Wählerwillen Recht machen möchte. So bekommt man keine Linie, leider nicht mal eine Richtung, sondern mehr so ein Durcheinander. Ich nenne es oft etwas despektierlich Schreihalspolitik ... Weil aber alle so laut sind, kann ich Dir auch nicht mehr sagen, was denn eigentlich die demokratische Mehrheit zu einem bestimmten Thema wirklich meint. Was ich auf Arbeit in der sog. Mittelschicht beobachte, ist, dass sie sich nicht mehr gesehen fühlen ... vor allem nicht in ihrer Leistung. Seit der letzten Anhebung des Bürgergelds fragt sich so mancher, ob sich Arbeit wirklich lohnt. Der übernächste hat ernste Sorge, was bei den Betriebskosten auf ihn zukommt. Es ist viel mehr los, als nur die Flüchtlinge, aber es kulminiert an diesem Punkt ... und es geht weiter, wenn es um Milliarden für die Ukraine geht, während in Deutschland bestimmte Mittel für Förderungen und Projekte, die vor Ort ankommen, gestoppt werden. 

      Wir werden leider sehen, welche Saat hier aufgehen wird... um an Deinen letzten Satz anzuschließen. 

      Danke Dir für Deine ausführliche Beschäftigung mit dem Thema. 

      Liebe Grüße Anke
  • dotroom 16/12/2023 23:30

    Asylwahn! Was soll denn das sein?
    Der Rinderwahn ist wohl noch nicht besiegt.Was würde jemand, der so ein Plakat anfertigt, selber tun, um Asylanten zu stoppen.Einfach sterben lassen oder bewußt töten?
    • dotroom 16/12/2023 23:56

      Nach Artikel 16a des Grundgesetzes (GG) der Bundesrepublik Deutschland genießen politisch verfolgte Menschen Asyl. Das Asylrecht hat in Deutschland als Grundrecht Verfassungsrang.
    • Per Anhalter 42 17/12/2023 19:30

      Asylwahn gegen Rinderwahn. Das führt zu nichts. Es ist genau diese Null-Diskussion, das Etikett, das Stigma, die Vereinfachung, die Plattitüde, die eine offene Diskussion unmöglich zu machen scheint. Was ich zuvorderst auf den Plakaten lese, sind Ängste, Sorgen und ihre möglichen Konsequenzen. Was ich auch lese, ist, dass diese Menschen sich nicht mal gesehen gefühlt haben ... #nicht gefragt. Ich glaube auch nicht, dass einer die Menschen im Meer ertrinken lassen würde, zumal viele auf dem Landweg über die Grenze kommen.

      Es geht für diese Leute um die naheliegendere Frage, wo sie bleiben, so lange wie ihr Anspruch auf Asyl geprüft wird. Es geht um die Frage, ob Deutschland durch die Art der Leistungen Fehlanreize setzt. Es geht um die Frage, wie viele Wirtschaftsflüchtlinge sind. Es geht um die Frage, wie man Migration leisten kann - denn es bedeutet eben auch Integration. Integration kommt über Sprache und Arbeit. Warum also arbeiten bei uns so wenige? 

      Wir haben es bei Upahl mit einem kleinen Ort zu tun. 500 Einwohner. Untergebracht sollten dort ursprünglich 400 Flüchtlinge, Asylbewerber werden. Mal ganz unabhängig davon, dass ich von Unterbringungen ohne Infrastruktur in der Nähe nichts halte, kann ich ein Gefühl der Überforderung, der Angst vor einer Veränderung des Ortes, der Gemeinschaft verstehen. Es ist nicht so, dass hier alles so traumhaft in den letzten Jahren funktioniert hat, dass noch viele Sozialarbeiter*innen ohne Beschäftigung sind, die Ausländer unterstützen können. 

      Wenn wir möchten, dass das Grundrecht auf Asyl auch in der Zukunft noch Verfassungsrang hat, muss mit den Menschen geredet werden, denn auch eine Verfassung lässt sich mit den entsprechenden Mehrheiten ändern. Verfassungsrang ist keine Selbstverständlichkeit. Außerhalb Berlins fürchtet man sich vor Wahlen, Landtags- und Kommunalwahlen. Und sie werden wählen. Unsere letzte Wahl für ein Amt zeigt mehr als 30 % ... und die haben wir gezählt. Das ist keine Umfrage. 

      Insofern - ich bin für Dialog, ob mir die Meinung eines anderen gefällt oder nicht. Zustimmung ist einfach. Eine Kontroverse ist schwierig.
  • lophoto 16/12/2023 17:33

    Zu diesem Thema äußere ich mich nicht in diesem Land..... egal was du dazu sagst welche Meinung deine ist.....du kriegst von einer Seite in die Fresse..... Zeit zurück drehen geht nicht..... sich an neues gewöhnen nicht von heut auf morgen.

    Am Ende steht ein Deutschland das sich anders anfühlen wird.
    • Per Anhalter 42 16/12/2023 18:00

      Das mit dem Schweigen hatten wir in diesem Land schon ... es reden dann die anderen... auch für die, die schweigen... ich kann Deine Haltung verstehen, denn im Dialog wird häufig nicht nach Lösungen gesucht, sondern sich lediglich wechselseitig ein paar Adjektive angeheftet und geglaubt, nun habe man die Sache ausreichend besprochen.
    • lophoto 16/12/2023 18:05

      In dieser Sache werden nur Emotionen gepflegt......die Analytik bleibt auf der Strecke. Leider gibt es keine Basic mehr die ausgleichend leitet......
      Schweigen......hat auch eine Macht.....
  • Michael V. 16/12/2023 15:35

    ich mag das Bild nicht. Der ist kein Kunst..........
  • JayJay 16/12/2023 14:29

    Es ist kein einfaches Thema. Aber die Naivität unserer aktuellen und auch der Merkel Regierung ist wirklich beeindruckend. Dass solche Dinge nicht nur "Rechte" oder Nazis schreiben, sondern durchaus vernünftige Menschen, erkennt man an dem Slogan "Rassismus Nein, Realismus Ja". Wenn europaweit überall die Rechten gewinnen, selbst im liberalen Holland, dann läuft etwas falsch und wenn in Deutschland nur knapp 20% der Ukrainer in Arbeit sind, in Holland sind es 71% und in Dänemark 74%, dann scheint auch der Anreiz selbst Geld zu verdienen nicht gegeben zu sein. Ich wünsche mir von Deutschland und Europa die Sozialdemokratische Asyl- und Einwanderungspolitik Dänemarks, dann wäre die AfD bei 3 % im Osten und 2% im Westen. LG Joe
    • Per Anhalter 42 16/12/2023 17:57

      Zu den statistischen Zahlen vermag ich nichts zu sagen... kann aber bestätigen, dass hier im schon begonnenen Landtagswahlkampf auch Vertreter der SPD eine Hinwendung zur dänischen Asylpolitik fordern. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Angst vor einem Wahlergebnis wie in den Niederlanden umgeht ... und doch scheint es weiterhin am offenen Dialog zu fehlen. 

      Danke Für Deinen Kommentar. Nein, es ist kein einfaches Thema. Deshalb gibt es auch das Bild, das nicht den Anspruch hat, Kunst zu sein, sondern nur zu zeigen. 

      Liebe Grüße Anke