Philanthus triangulum, Bienenwolf (Fam. Grabwespen)
Die Grabwespen-Art Philanthus triangulum ist im Deutschen DER Bienenwolf, und gender-konform ist DAS Weibchen DIE Bienenwölfin. Das Bild zeigt also eine Bienenwölfin bei der Versorgung ihres künftigen Nachwuchses kurz vor der Landung an ihrer Brutröhre.
Im Englischen wird sie als Bee Wolf Wasp oder kurz Beewolf bezeichnet, oft mit dem Zusatz „European“, in Schweden ist es der Kommunal bivarg (Gemeiner Bienenwolf). Die Gattung enthält über 135 Arten, die lediglich in Australien und Südamerika keine Vertreter hat.
Verbreitet ist der Europäische Bienenwolf in Süd- und Mitteleuropa, in Asien und bis nach Südafrika. In der zweiten Hälfte des 20. Jh. breitete er sich nach Osten über Russland und China aus und erreichte 2020 die koreanische Pazifikküste - damit kann er als paläarktisch verbreitet angesehen werden. Die Vorkommen auf den Kanarischen Inseln (Teneriffa, Gran Canaria, Fuerteventura, Lanzarote) gehen offenbar auf Windverdriftung nordafrikanischer Populationen zurück. In Südskandinavien kommt er nur vereinzelt und sporadisch vor (oder wird nur vereinzelt / sporadisch gefunden) wie etwa 1978 und 1992 in Värmland oder 2019 in Skåne. Dagegen dürfte die Ausbreitung auf den Britischen Inseln seit den 1990er Jahren deutlich kontinuierlicher sein.
Er fliegt zwischen Juni und September; bei früher Eiablage und schneller Entwicklung gehören die September-Tiere der 2. Generation an. Ansonsten macht die Puppe eine sehr lange Winterpause von September bis zum Juni des Folgejahres durch.
Die Männchen besetzen ihre Territorien in der Nähe der Nestkolonien. Dabei markieren sie mit Pheromonen, die in einer Kopfdrüse (Postpharyngealdrüse, s.u.) produziert werden, auf den von ihnen besuchten Blüten ihr Areal und verteidigen es gegen andere Männchen, wobei sie z.T. akrobatische Kommentkämpfe in der Luft ausführen, ohne sich zu berühren. Die Pheromone bestehen aus einem Mix von bis zu 55 einzelnen Komponenten, die den Weibchen Hinweise auf die „Qualität“ (Herkunft, Alter, Größe) und die Kompatibilität der Männchen geben sowie den Verwandtschaftsgrad zur Vermeidung von Inzucht signalisieren.
Die Grabwespe besiedelt sandige und lehmige Biotope, die ihr die Möglichkeit eröffnen, Brutröhren zu graben. Meistens nutzt sie dafür ebenen Boden, kann aber auch in Steilwänden ihrer Nester anlegen. Die Hauptgänge sind in ebenem Terrain zwischen 20 und 40 cm, in hängigen Lagen bis zu 100 cm lang, von denen bis zu 34 Brutkammern abzweigen. In erster Linie hängt die Ganglänge und -tiefe von der Beschaffenheit des Bodens ab, eine wichtige Rolle spielen aber auch die mikroklimatischen Bedingungen wie die Boden- und die Umgebungstemperaturen sowie die Feuchtigkeit des Bodens. Letztere können die Weibchen durch Lecken an den Sandpartikeln offenbar ziemlich gut bestimmen. Vor allem die Brutkammern nahe der Oberfläche sind höheren Temperaturen ausgesetzt, was einen großen Einfluss auf die Larven und deren Nahrungsgrundlage haben kann.
Die Bienenwölfin jagt ausschließlich Honigbienen (Westliche Honigbiene, Apis mellifera) für die Versorgung ihres Nachwuchses. Nach optischer und olfaktorischer Erkennung der Biene auf der Blüte stürzt sich die Räuberin auf sie und lähmt sie mit einem Stich in die Intersegmentalhäute hinter den Vorderbeinen. Die Grabwespe dreht die Biene anschließend auf den Rücken, so dass sie Kopf-an-Kopf unter ihr liegt, und presst mit Hinterleib und Beinen auf die Honigblase, die sich im vorderen Teil des Bienen-Hinterleibs befindet. Dadurch tritt Nektar aus dem Rüssel, den die Bienenwölfin aufnimmt.
Sodann fliegt sie zu ihrem Nest, meistens nicht ganz auf direktem Weg. Mit einigen pendelnden Flugbewegungen schwebt sie einige Augenblicke etwa 30 cm (manchmal mehr etwas mehr, selten weniger) schräg vor dem Eingang und stürzt sich dann mit der Biene unter dem Bauch hinein - wenn sie ihn vor dem Abflug zur Jagd offen gelassen hat. Das klappt nur bei entsprechend großen Eingangsöffnungen. Sind diese Öffnungen kleiner, muss die Grabwespe zunächst ihre Beute mit dem Kopf zum Eingang ablegen und in ihre Röhre klettern. Dann ergreift sie die Biene mit den Mandibeln an einem Fühler und zieht sie zu sich hinein.
Manchmal verschließt die Grabwespe den Eingang vor dem Abflug locker mit Bodenmaterial. Bei der Rückkehr muss sie also zunächst landen und den Gang wieder freischaufeln, was aber, ohne die Biene loszulassen, nur wenige Sekunden in Anspruch nimmt.
Die Beute zu fangen und zu transportieren ist Schwerarbeit. Eine Bienenwölfin wiegt 90 bis 130 mg, eine Biene, je nach Füllung ihrer Honigblase, zwischen 80 und 160 mg. Die 0,6 ml fassende Honigblase nimmt etwa 75 mg Nektar auf; damit kann die Zuladung schwerer sein als der Flieger.
Je Brutkammer trägt die Bienenwölfin vor der Eiablage bis zu 6 Bienen ein. Je weniger Bienen dem individuellen Nachwuchs zur Verfügung stehen, z.B. unter schlechten Versorgungsbedingungen, desto stärker wird das männliche Geschlecht bevorzugt – zur Not reicht eine, meistens sind es 2 Bienen als Nahrung für ein Männchen, das sog. „billige Geschlecht“ („cheaper sex“). Die weibliche Brutzelle muss mindestens 3 und kann bis zu 6 Bienen erhalten, im Mittel sind es 4; weiblicher Nachwuchs erhält damit durchschnittlich ca. 1,8mal mehr Bienen als männlicher. Auf irgendeine, noch nicht bekannte Art kann die Grabwespe die männlichen von den weiblichen Brutzellen unterscheiden und mit einer unterschiedlichen Anzahl Bienen versorgen (zumindest ist sicher, dass die Anzahl der deponierten Bienen nicht zufällig verteilt ist).
Noch im Hauptgang und bevor die Honigbiene in die Kammer transportiert wird, bestreicht die Bienenwölfin sie mit einem Sekret aus der hinter dem Pharynx und vor dem Gehirn gelegenen Postpharyngealdrüse, das aus überwiegend ungesättigten und wenigen gesättigten, langkettigen Kohlenhydraten besteht, einigen methylierten Kohlenhydraten, einem noch nicht identifizierten Sesquiterpen, einem Oktadecenylmethylester, einem ungesättigten C25-Alkohol sowie gesättigten und ungesättigten, langkettigen Ketonen, von denen einige bis zu ihrer Entdeckung beim Bienenwolf noch nicht als natürliche Verbindungen bekannt waren. Das Sekret spielt dank seiner Zusammensetzung sehr wahrscheinlich die Rolle eines physikalischen und damit indirekt antimykotisch wirkenden Verdunstungsschutzes. Möglicherweise hängt die maximale Anzahl der erbeuteten Bienen pro Tag - mehr als 10 sind es i.d.R. nicht - direkt davon ab, wie groß die Kapazität der Postpharyngealdrüse ist, denn es scheint so, als würde die Bienenwölfin nur so viele Bienen verproviantieren, dass alle „einbalsamiert“ werden können.
Unmittelbar vor der Eiablage gibt die Bienenwölfin ein weiteres Sekret ab, das in spezialisierten Drüsen produziert wird, die sich in fünf (von 12) Antennensegmenten (4. bis 8. Segment) befinden, und das durch eine jeweils an der Segmentbasis liegende Öffnung austritt. Die Bienenwölfin bestreicht damit die Decke der Brutzelle, legt anschließend an Ei an einer der Bienen ab und verschließt die Zelle.
Der Anstrich hat offenbar (mindestens) zwei Funktionen. Er dient der Larve als Orientierung für das Spinnen des Puppenkokons und damit der Erleichterung des Schlüpfens nach der Puppenruhe. Zudem verhindert oder vermindert er die Gefahr von Pilzinfektionen der Puppe während der Ruhephase, die immerhin 9 Monate währt. Denn die weiße Substanz enthält grampositive Bakterien der Gattung Streptomyces (Ordnung Actinomycetales), die in den Drüsen kultiviert werden, sich dort von den Nährstoffen des Drüsenepithels ernähren und damit Teil einer symbiotischen Gemeinschaft sind; derzeit (2021) tragen sie noch die vorläufige Bezeichnung Streptomyces philanthi („Candidatus Streptomyces philanthi“). Die von den Bakterien dafür bereitgestellten Antibiotika sollen dafür sorgen, dass Pilzinfektionen der Puppe, die v.a. unter feucht-warmen Bodenverhältnissen von den Resten der Honigbienen ausgehen können, verhindert oder zumindest reduziert werden. Dank der Bakterien steigt die Überlebenswahrscheinlichkeit der Bienenwolf-Larve um den Faktor 10.
Während die Larve ihren Puppenkokon spinnt, nimmt sie aktiv die weiße Substanz von der Brutzellendecke auf und verarbeitet sie in der Kokonwandung; den Kokon heftet sie später so an die Zellendecke, dass er den Boden und die Seitenwände nicht berührt.
Die kultivierten Bakterien-Populationen werden von Eltern auf die Nachkommen, d.h. von Generation zu Generation weitergegeben (vertical transmission) und wohl nicht zwischen den Bienenwolf-Individuen oder -Arten einer Generation (horizontal transmission). Offenbar nehmen die Jungtiere die Bakterien während des Schlüpfens aus der Kokonwand in ihre Antennendrüsen auf und vermehren sie dort weiter, bis sie, die Weibchen, ihrerseits als begattete Grabwespen selbst das Brutgeschäft beginnen. Der Verlust an Bakterienzellen in diesem Prozess ist immens: Die frisch geschlüpfte Grabwespe nimmt mit dem Schlüpfen nur etwa 0,0065 % von dem auf, was die Mutter in die Brutzelle gebracht hatte. Obwohl sie offenbar (fast) obligate Symbionten sind, verbringen die Bakterien etwa 9 Monate außerhalb ihres Partners auf der Kokonwand.
Die Symbiose beider Partner (einschließlich der eng verwandten Gattungen des monophyletischen Tribus Philanthini, in denen „Streptomyces philanthi“ inzwischen ebenfalls gefunden wurde: Trachypus, Philanthinus), lässt sich bis in die späte Kreidezeit zurückrechnen (ca. 68,3 Mio Jahre), womit sie älter wäre als die sehr viel länger bekannte Symbiose von Blattschneiderameisen (Atta spec.) und Pseudonocardia-Bakterien (ca. 50 Mio Jahre).
Schließlich noch ein Kuriosum: Es kann vorkommen, dass die Biene nicht in der üblichen und hier gezeigten Position getragen wird, sondern mit dem Kopf nach hinten. Seit ich die Bienenwölfe beobachte, habe ich das aber nur ein einziges Mal gesehen – allerdings erst auf dem Foto.
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