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Träumen nach vorwärts

Träumen nach vorwärts

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Träumen nach vorwärts

Weimar, Park an der Ilm, Juni 2010

(Canon 400 D, f/5,6 bei 300 mm, 1/200 s, ISO 100, Teilbereichsmessung - mittenbetont, Bearbeitung: Adobe Photoshop 7.0, Tonwertkorrektur, selektive Farbkorrektur, Rahmen)
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Ein Traum von Freiheit oder: Das genormte Leben
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Kerstin Stolzenburg

Utopia
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Das Innere der Sicht
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Kerstin Stolzenburg



Vom Fliegen über das Meer
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Comentarios 74

  • Kerstin Stolzenburg 20/01/2017 13:08

    @Dorothee: Schön wäre es ... ;-))
  • Dorothee 9 20/01/2017 13:06

    Ist das etwa dein Arbeitsplatz, also der mit dem 9000er ? Nee, wirklich nicht.
  • † werner weis 02/03/2013 23:57



    mir fiel heute wieder auf,
    wie besonders und wirkungsvoll dieses Bild ist

    Kunst schafft Neues Echtes!
  • Biggi Oehler 19/10/2010 12:32

    Seinen Träumen nachhängen kann man überall und ich mache es manchmal in der FC, wenn ich danach ein Bild sehe.
    Eine klasse Aufnahme mit sehr gutem Titel.
    LG.
    Biggi
  • Andreas Pawlouschek 14/09/2010 19:39

    Der In- und Gehalt dieses Bildes hat wahrscheinlich mit der Aufnahme nichts zu tun. Die Optik ist höchst einfach bis banal. Es ist der Titel, der mir eine Bedeutungswirklichkeit zu erschließen scheint, die sich gegenseitig bedingt. Es ist die Welt als schiefe Ebene, die es erst erlaubt, vorwärts zu träumen - welch wunderbare Vorstellung. Ich werde mich zu diesem Bild wieder melden so ich klarer sehe und fühle. Wie immer habe ich keine Anmerkungen gelesen. Ich bittedeshalb um Nachsicht, wenn ich doppelte oder all zu viel Konträres von mir gab.
  • Arnd U. B. 31/08/2010 12:18

    Wenn ich diese Idylle sehe, muss ich unwillkürlich an das Wetter der letzten Wochen denken....:-))))
    LG Arnd
  • Kerstin Stolzenburg 15/08/2010 10:23

    @Margarete: Liebe Margarete, dieser Gedankengang ist für mich absolut nachvollziehbar! Ich hatte ursprünglich dem Bild den Titel "Träumen" gegeben, ohne den Anhang "nach vorwärts". Wenn man möchte, kann man das Motiv auch unter diesem Aspekt betrachten, aber dann ist es auch nur ein Bild vom 'vor-sich-hin-träumen'. Nach vorwärts drängte sich dann auf, weil ich mit der Lage des Mädchens auf der leicht abschüssigen Wiese auch die Vorstellung einer Rutschbahn verbinden konnte, also einer Dynamik, einer Vorwärtsbewegung; auch die Schräge hatte etwas von einer Aufstehbewegung ... Das ist natürlich erst einmal nur mein Eindruck, aber auf diesem gründet der Titel.
    Ich empfand dies allerdings keinesfalls als "negativen Sog"; im Gegenteil, höchstens als Sog nach vorne.

    Das Licht: Ja, sie liegt mitten im Licht. Es wärmt, leuchtet und auch Du siehst das symbolisch ... warum sollte man aber nach vorwärts träumen, also Utopien und Pläne schmieden, Ideen durchdenken, an vor einem Liegendes denken, ändern wollen, ..., wenn alles bereits sonnig wäre? Dann wäre man doch wieder beim NUR 'Träumen' im Sinne von 'die Zeit genießen'. Ich fand die dunkleren Bereiche wichtig, allerdings sind ja auch sie nicht gleichmäßig dunkel, sondern an manchen Stellen von Sonnenflecken unterbrochen. Das Hinausträumen könnte man damit natürlich verbinden, allerdings aus einer anderen Sicht auch das Unbewusste, das uns beim Träumen auch zu großen Teilen umgibt, auch das war mir hier wichtig.
    Danke Dir für deine interessante Anmerkung!
    Viele Grüße. Kerstin
  • Margarete Hartert 14/08/2010 19:55

    Hallo Kerstin, für mich besteht hier ein verborgener Widerspruch zwischen Titel und Foto!
    Der Titel: "Träumen nach vorwärts" - da sind eindeutig positive Konnotationen enthalten, sowohl im Wort "Träumen" als auch im Wort "vorwärts".
    Das Bild: Die Frau liegt zwar selbst im Licht, jedoch werden zwei Drittel der Gesamtfläche von mitteldunklen bis fast schwarzen Tönen beherrscht. Nun könnte man sagen, die Frau träumt sich hinaus aus dieser Dunkelheit in bessere Bereiche. Eine solche Deutung stößt sich für mich aber mit den sehr dominanten abwärts führenden Diagonalen, die die Szenerie trotz der nachmittaglichen relaxten Atmosphäre doch in einen "negativen" Sog ziehen.
    VG Margarete
  • Hanne L. 14/08/2010 16:09

    :-)) danke Kerstin, für deine Antwort. Ich werde mir demnächst so eine Düne suchen ...
    Liebe Grüße, Hanne
  • Biggi Oehler 12/08/2010 12:29

    Sehr guter Schnitt und klasse gesehen.
    LG.
    Biggi
  • E. W. R. 11/08/2010 18:24

    Liebe Kerstin, was dieses Handbuch betrifft, so könnte ich jedes Wort unterschreiben. Wieder ein Buch, das ich offenbar immer schon gebraucht habe. Danke für diesen Nachweis! Eckhard
  • Kerstin Stolzenburg 11/08/2010 16:56

    Lieber Eckhard, das Zitat aus dem Buch "Die Wohlgesinnten" ist sehr interessant, vor allem in dieser Gegenüberstellung der Ideologien. Wenn ich nun sage, dass es doch recht ungewöhnlich ist, das Geschehen, die Anschauungen und Denkweisen im direkten Vergleich zu betrachten, der Auszug aus dem Buch einen jedoch geradezu herausfordert, dies zu tun, und dass man in der Regel ansonsten eher beide Seiten getrennt analysiert, so ist das aber vielleicht auch nur meiner in Bezug auf die Forschung auf diesem Gebiet nicht aktuellen und gewiss sehr eingeschränkten Information diesbezüglich geschuldet.

    Für all diese Utopien gilt aber wohl sicher, dass es zunächst um Machtansprüche ging, ganz gleich, welches System hier betrachtet wird.
    Der DLF brachte diesbezüglich vorgestern abend in der Sendung "Andruck" auch einen interessanten Bericht zum bzw. über den Kommunismus (auch wenn dies nun wieder kein direkter Vergleich ist):

    "Plädoyer für einen neuen Antikommunismus"

    Die Gründungsfigur des Kommunismus im 20. Jahrhundert war Lenin.
    Stéphane Courtois (Hg.): "Das Handbuch des Kommunismus". Piper

    Von Hans-Joachim Föller

    Kommunismus ist nicht gleich Kommunismus. Denn was Rosa Luxemburg darunter verstand, war nicht unbedingt das, was sich Che Guevara dachte. Die verschiedenen Strömungen und Ideen darzustellen, das hat sich das "Das Handbuch des Kommunismus" zur Aufgabe gemacht.

    Den größten Propagandaerfolg der Kommunisten sah der Publizist Joachim Fest in der Tabuisierung von Hinweisen auf Ähnlichkeiten von National- und Realsozialismus. Wie Recht er damit hatte, zeigte sich vor 13 Jahren. Damals erschien das "Schwarzbuch des Kommunismus", ein Skandalerfolg. Herausgeber des anstößigen Opus: der französische Historiker Stéphane Courtois. Er präsentierte die Zahl von geschätzt 80 bis 100 Millionen Toten, die der Kommunismus zu verantworten hatte, und erbrachte den Nachweis, dass die linke Variante des Totalitarismus keinen quantitativen Vergleich mit dem Nazireich zu scheuen braucht. Nun hat derselbe Autor "Das Handbuch des Kommunismus" herausgegeben. Gleich zu Beginn nimmt sich Courtois einer Legende an: der Legende, der Kommunismus sei eine gute Idee gewesen, die nur schlecht umgesetzt wurde.

    Bereits unter Lenin zeichnete sich das Auseinanderklaffen von kommunistischem Ideal (nämlich dem gemeinschaftlichen Glück und der heiligen Gleichheit, die schon "Gracchus" Babeuf 1795 verkündet hatte) und Wirklichkeit ab: Tatsächlich waren die Führungsriege und die Verwaltungsbeamten der Staatspartei "gleicher" als alle anderen. Dieser Graben vertiefte sich 1928/1929 während der Revolution unter Stalin und festigte sich in der Regierungszeit seiner Nachfolger.

    Die Sowjetunion blieb in der Geschichte in dieser Hinsicht kein Einzelfall. Alle kommunistischen Regime waren von diesem Grundwiderspruch gekennzeichnet: Auf der einen Seite stand die Ideologie der Gleichheit, auf der anderen die Lebenswirklichkeit der überwiegend armen Bevölkerung, die unter den Privilegien der Mächtigen zu leiden hatte. Zugleich tönte die kommunistische Propaganda von den "Verbrechen des Kapitalismus" und verkündete, in der UdSSR habe das Glück eine Heimstatt. Auf Dauer ließen sich die menschlichen Tragödien, die sich in der Sowjetunion abspielten, selbst dort nicht verbergen. So kam es, dass Nikita Chruschtschow 1956 während des XX. Parteitages der KPdSU immerhin einige Verbrechen Stalins zugegeben hatte. Nun stand die Frage im Raum, wie es dazu hatte kommen können, dass das schöne Ideal solch schlimme Folgen zeitigte. Ein genaues Studium der Werke Lenins, Stalins, Maos, Guevaras und Trotzkis zeigt jedoch, dass die kommunistischen Anführer niemals ein humanistisches Ideal versprochen hatten.

    Ihnen ging es darum, die absolute Macht zu erlangen, darum, zuerst die Partei und später die gesamte Gesellschaft zu beherrschen. Sie stellten sich ganz in den Dienst der Sache, nämlich der radikalen Zerstörung des Staats und der bürgerlichen Gesellschaft sowie des Aufbaus eines kommunistischen Staatswesens. Legitimiert war dieses Bestreben einzig durch Ideologie und Machtwillen. Marx schloss das "Kommunistische Manifest" 1848 mit den Worten: "Sie (die Kommunisten) erklären es offen, dass ihre Zwecke nur erreicht werden können durch den gewaltsamen Umsturz aller bisherigen Gesellschaftsordnung".

    Das heißt: Die Nutzung des Terrors als gewöhnliches Regierungsinstrument durch die Bolschewiki war kein Zufall, sondern die Konsequenz aus einer verhängnisvollen politischen Philosophie. Die Gründungsfigur des Kommunismus im 20. Jahrhundert war Lenin. Er entwickelte die kommunistische Ideologie und den Organisationstyp der Partei, die immer recht hat. Den Grundstein zum Bolschewismus legte Lenin in seiner Schrift "Was tun?" Darin entfaltet er den Gedanken, dass das revolutionäre Bewusstsein nur von außen an das Proletariat herangetragen werden kann - durch revolutionäre Intellektuelle wie ihn zum Beispiel. Der Gründer der Sowjetunion propagiert eine Geheimorganisation, die im Untergrund wirkt, zentralistisch aufgebaut ist und aus wenigen, streng ausgewählten Mitgliedern besteht, sogenannten Agenten.

    "Mir gefällt dieses Wort", schreibt er, "denn es betont klar und deutlich die gemeinsame Sache, der alle Agenten ihre Vorhaben und Handlungen unterordnen (...). Wir aber brauchen eine militärische Organisation von Agenten". Er ist fasziniert von der durchrationalisierten modernen Organisationsform einer Armee oder eines kapitalistischen Großunternehmens, deren Führung "die Einheit des Willens" verkörpere.

    Für Freiheit bleibt da kein Raum. Als Führer der Bolschewiki plädiert Lenin für Berufsrevolutionäre und eine strenge Parteidisziplin. Nach seinem Modell wird die Partei von einer radikalen Gruppierung beherrscht, und diese untersteht wiederum dem Diktat eines einzelnen Mannes. Ergänzt wird diese Politik durch das Prinzip der Säuberung. Zunächst wird die Partei von unzuverlässigen und störenden Elementen gesäubert, später die Gesellschaft. Genau darin besteht eine wesentliche Grundlage des sowjetischen Totalitarismus. Das gleiche gilt für den Sowjet-Staat DDR. Über die SED-Diktatur schreiben die beiden einzigen nicht-französischen Autoren des Bandes Klaus Schroeder und Jochen Staadt im Kapitel "Kommunismus in Deutschland". Bei der Charakterisierung des Herrschaftstypus der DDR nehmen die beiden Wissenschaftler vom Forschungsverbund SED-Staat der FU Berlin eine bemerkenswerte Unterscheidung vor: zwischen einer wesentlich gewalttätigeren Frühphase, etwa bis 1970, und einer etwas milderen Herrschaftspraxis, den Jahren bis 1989.

    Der SED-Staat kannte weder Gewaltenteilung noch kulturellen, sozialen oder politischen Pluralismus. In den letzten beiden Jahrzehnten verringerte sich die Umsetzungskraft des totalitären Herrschafts- und Gestaltungsanspruchs. Der ihr von den veränderten internationalen Rahmenbedingungen und der innerdeutschen Systemkonkurrenz aufgezwungene Wechsel vom gewaltsamen totalitären System zu einem spättotalitären Versorgungs- und Überwachungsstaat konnte jedoch den Niedergang und Untergang des SED-Staates nicht verhindern.

    Den Untergang der Diktatur hat die einst staatstragende Partei nach mehreren Häutungen und Mutationen überlebt. Zurzeit nennt sie sich "Die Linke". Ihr Freiheitsverständnis, auch das wird herausgearbeitet, ist jedenfalls nicht das des Grundgesetzes. Vielmehr hat sie ihren Freiheitsbegriff an die SED-Ideologie angelehnt. Solche fragwürdigen Traditionsbestände im ideologischen Gepäck der Linkspartei stellen für die Bundesrepublik eine Herausforderung dar. Auch deshalb beklagen Schroeder und Staadt die Auflösung des antitotalitären Konsens'. Denn beachtliche Teile der deutschen Gesellschaft sind inzwischen auf dem linken Auge blind geworden. Tatsächlich sei aber der Antikommunismus in einer zivilen Gesellschaft eine notwendige politische Tugend. Fazit: Mit seinem 862 Seiten umfassenden Handbuch des Kommunismus ist Courtois buchstäblich ein gewichtiges Werk gelungen. Die 22 fast ausschließlich französischen Fachautoren informieren die Leser in gut lesbaren Beiträgen zu 171 Begriffen aus der Geschichte und Gegenwart des Kommunismus, wie beispielsweise "Stalin", "Ulbricht", "Antifaschismus" und "Kulturrevolution". Ein vergleichbares Werk gibt es derzeit im deutschen Sprachraum nicht. Wer fundiertes Orientierungswissen zum Thema Kommunismus sucht, wird hier fündig.

    "Das Handbuch des Kommunismus" ist bei Piper erschienen. Es kostet 49,95 Euro, ISBN: 3-492-05260-6. Stéphane Courtois ist der Herausgeber.

    http://www.dradio.de/dlf/sendungen/andruck/1244353/

    Interessant ist vor allem, dass gerade der Kommunismus das humanitäre, gleichmachende Ideal herausstellen wollte, aber ein Zitat aus dem verlinkten Beitrag zeigt genau das Gegenteil auf und dies ist historisch ja leider auch belegbar: "Ein genaues Studium der Werke Lenins, Stalins, Maos, Guevaras und Trotzkis zeigt jedoch, dass die kommunistischen Anführer niemals ein humanistisches Ideal versprochen hatten."

    Und so wurde manche, zunächst scheinbar interessante oder gar humane Idee, der sich Teile der Menschheit durchaus auch aus Überzeugung verschrieben, bewusst in einem besonderen, zum jeweils herrschenden System passenden 'Papier' verpackt, um sie der Masse, dem Volk schmackhaft zu machen, um die besagte Möhre besonders leuchtend und frisch aussehen zu lassen, damit man an das Gute in ihr glaube und ihr klaglos hinterherlaufe.

    Vielleicht kann man daraus doch etwas lernen ...

    Kerstin
  • Kerstin Stolzenburg 10/08/2010 21:55

    Lieber Eckhard, danke, dass Du mich noch einmal an einem der herrlichen Gespräche der beiden klugen Herren teilhaben lassen hast. Bevor ich mich dazu äußern kann, muss ich ihre Unterhaltung jedoch erst einmal in meine Träume aufnehmen bzw. eine Nacht darüber schlafen!
    ;-)

    Kerstin
  • E. W. R. 10/08/2010 18:04

    "Tja, lieber Capitán ... nun haben Sie allen Ernstes versprochen, sich über die Utopie an sich, den Marxismus im allgemeinen und Bloch im besonderen zu äußern. Wieviel Bände soll diese Überlegung denn umfassen?"

    "Lieber Aronnax ... wir wurden doch soeben als lebenserfahrene Männer oder so apostrophiert ... wie würden Sie sich denn aus der Affäre ziehen, wenn Sie etwas darstellen müssten, was eigentlich nicht darstellbar ist?"

    "Tja ... eine Seminararbeit kann es nicht sein, Capitán. Außerdem ist das alles viel zu lange her, und den Artikel "In Marburg waren wir weltberühmt" aus der FAZ vom 24. 7. habe ich gerade entsorgt. Daraus kann man also nicht zitieren ... ah, ich weiß, was Sie meinen. Wo die philosophische oder historische Abhandlung entweder Bände füllen würde oder unschreibbar wäre, da springt die Dichtung in die Bresche, speziell der philosophische oder historische Roman ... woran denken Sie?"

    "Nun, an was wohl, lieber Aronnax. Natürlich "Die Wohlgesinnten" von Jonathan Littell."

    "Ein nicht gerade unumstrittenes Buch, bei dem die Beurteilungen von 'Dreck' über 'Kitsch' bis hin zu höchstem Lob reichen."

    "Was die Stimmen derjenigen betrifft, lieber Aronnax, die sich in Deutschland dazu berufen fühlen, die öffentliche oder vielmehr veröffentlichte Meinung zu sein, so weiß ich sie wohl zu würdigen. Aber natürlich lese ich selbst und bilde mir meine eigene Meinung."

    "Aber der Roman ist doch auch über 1400 Seiten lang."

    "Darum geht es hier nicht. Es geht um eine philosophische Schlüsselszene, nämlich das Gespräch des Antihelden Max Aue mit einem sowjetischen Politkommissar im Kessel von Stalingrad."

    "Was soll das denn mit unserem Thema zu tun haben?"

    "Überlegen Sie doch mal, lieber Aronnax. Wenn ich Ihnen gesagt habe, dass ich mich mit den Utopien befasst habe, die sich die Menschen vor die Gegenwart halten wie die Mohrrübe vor Jolly Jumper, dann ging es mir doch weniger um die wie immer geartete theoretische Konsistenz dieser Utopien, sondern um ihre praktische Auswirkung. Ich will ja nicht behaupten, dass dieser Zugriff quasi naturwissenschaftlich ist, aber jedenfalls misst er die Theorien an ihren empirisch belegten Folgen; das ist doch schon etwas. Und was nun die Folgen des sogenannten Kommunismus betrifft, ist natürlich ein überzeugter Nationalsozialist wie Max Aue der beste Advocatus diaboli, wie auch umgekehrt der sowjetische Gegenspieler in Bezug auf den Nationalsozialismus."

    "Hmmm ... offenbar etwas für reifere Menschen. Wie argumentiert die Romanfigur Aue denn?"

    "Tja, mein Lieber, wie Sie ja wissen, ist das kein Bestandteil des sogenannten Vorabdrucks durch die FAZ, dessen Teile ja auch im Netz stehen und für die Blinden unter uns sogar vorgelesen werden können. Sie müssen sich schon bis Seite 550 vorarbeiten, und wer behauptet, dass dieser Roman unlesbar sei, will mir wie ein rechter Tor vorkommen. Wir zitieren also:"

    [Max Aue] "Nach einer Pause fuhr ich fort: "Wie alt sind Sie, wenn ich fragen darf?" - "Zweiundvierzig. Ich bin mit dem Jahrhundert geboren worden, wie Ihr Himmler." - "Dann haben Sie ja die Revolution erlebt?" Er lachte: "Aber sicher! Mit fünfzehn Jahren bin ich militanter Bolschewik gewesen. Ich war Mitglied eines Arbeitersowjets in Petrograd. Sie können sich nicht vorstellen, was das für eine Zeit war! Ein Sturmwind der Freiheit." - "Das hat sich inzwischen gründlich geändert." Er wurde nachdenklich: "Ja, das stimmt. Zweifellos war das russische Volk noch nicht reif für eine so ungeheure und unmittelbare Freiheit. Doch das wird kommen, Schritt für Schritt. Zunächst muss es erzogen werden." [...]"

    "Sehen Sie, lieber Aronnax: Da haben wir eine wesentliche praktische Folge des sogenannten Träumens nach vorwärts, das uns die kommunistischen Utopisten weismachen wollen. Mit dem realen Menschen ist diese Utopie aus freien Stücken nämlich gar nicht zu machen. Er muss, wie der Regimentskommissar Prawdin aus seiner Sicht vollkommen schlüssig erklärt, erst einmal erzogen werden. Aber von wem? Das sind doch wohl auch alles Menschen. Aber sie bilden sich, einmal an der Spitze der kommunistischen Partei, doch tatsächlich ein, sie hätten den Schlüssel zum objektiven Glück in der Hand und müssten den Willen der Geschichte ausführen. Die Folgen sind ja sattsam bekannt."

    "Vielleicht könnte das ja alles im Rahmen demokratischer Prozesse vor sich gehen."

    "Aronnax ... Sie sind naiv. Die faktisch geschehende Geschichte spricht dagegen. Lesen wir weiter:"

    [Prawdin] "Politisch kann ich nicht über Stalin urteilen. [...] Auch die Bolschewiki begehen Fehler. Entscheidend aber ist, dass wir die Kraft haben, unsere eigenen Reihen regelmäßig zu säubern, die Abweichler, die sich korrumpieren lassen, zu eliminieren. [...] Er lächelte leise: "Im Endeffekt sind unsere beiden Systeme gar nicht so verschieden. Im Prinzip jedenfalls." - "Das ist ja eine merkwürdige Aussage für einen Kommunisten." - "Gar nicht so sehr, wenn Sie darüber nachdenken. Was gibt es, im Grunde genommen, für einen Unterschied zwischen dem Nationalsozialismus und dem Sozialismus in einem Land?" [...] "Wie meinen Sie das?" Er zählte es nach russischer Weise an den Fingern her, indem er mit dem kleinen Finger begann und sie nacheinander krümmte: "Wo der Kommunismus nach der klassenlosen Gesellschaft strebt, predigt ihr die Volksgemeinschaft, was im Grund genau das Gleiche ist, nur auf eure Grenzen beschränkt. Wo Marx im Proletariat den Träger der Wahrheit erblickt, ist für euch die so genannte deutsche Rasse die proletarische Rasse, die Verkörperung des Guten und der Moral; infolgedessen habe ihr den Klassenkampf durch den proletarischen Kampf Deutschlands gegen die kapitalistischen Staaten ersetzt. Auch wirtschaftlich sind eure Ideen nur ein verzerrter Abklatsch unserer Werte. [...] Wo Marx seine Werttheorie auf die Arbeit gründete, hat euer Hitler erklärt, dass eure deutsche Mark, obwohl nicht goldgedeckt, mehr als Gold wert sei. Diese etwas dunkle Äußerung wurde von Goebbels' rechter Hand Dietrich folgendermaßen kommentiert: Der Nationalsozialismus habe verstanden, dass die beste Grundlage einer Währung das Vertrauen in die Produktivkräfte des Volkes und das in die Staatsführung sei. [...] Da ihr den Marxismus nicht imitiert habt, habt ihr ihn pervertiert. Die Ersetzung der Klasse durch die Rasse, die zu eurem proletarischen Rassismus führt, ist kompletter Unsinn." - "Nicht mehr als euer Begriff des ewigen Klassenkampfes. Die Klassen sind eine historische Gegebenheit; sie sind zu einem bestimmten Zeitraum entstanden und werden wieder verschwinden, indem sie sich harmonisch in die Volksgemeinschaft einfügen, statt sich gegenseitig abzuschlachten. [...]." - [Prawdin] [...] "Aber Sie können mir wenigstens in einem Punkt beipflichten: Selbst wenn die Analyse der Kategorien, die eine Rolle spielen, unterschiedlich ist, so haben unsere Weltanschauungen doch etwas Grundsätzliches gemeinsam: Sie sind beide im Wesentlichen deterministisch; zwar rassischer Determinismus bei euch, wirtschaftlicher Determinismus bei uns, aber eben doch Determinismus. Beide glauben wir, dass der Mensch sein Schicksal nicht frei wählt, sondern dass es ihm von der Natur oder der Geschichte auferlegt wird. Und beide schließen wir daraus, dass es objektive Feinde gibt, dass bestimmte Kategorien von Menschen legitimerweise beseitigt werden können und müssen, nicht aufgrund dessen, was sie tun oder sogar denken, sondern aufgrund dessen, was sie sind. In dieser Hinsicht unterscheiden wir uns nur durch die Definition der Kategorien: Für euch sind es die Juden, die Zigeuner, die Polen und, wenn ich mich nicht täusche, sogar die Geisteskranken; für uns die Kulaken, die Bourgeois, die Parteiabweichler. Im Grunde ist es ein und dasselbe; beide lehnen wir den Homo oeconomicus der Kapitalisten ab - den egoistischen, individualistischen Menschen, der in seiner Illusion von Freiheit gefangen ist - und propagieren stattdessen den Homo faber: Not a self-made man but a made man, könnte man auf Englisch sagen, eher den Menschen, den es zu machen gilt, denn der kommunistische Mensch muss noch geschaffen und erzogen werden, genau wie euer vollkommener Nationalsozialist. Und dieser zu schaffende Mensch rechtfertigt die unbarmherzige Liquidation all derer, die unerziehbar sind, rechtfertigt also den NKWD und die Gestapo, die Gärtner des Sozialwesens, die das Unkraut ausmerzen und den Nutzpflanzen Halt geben."

    "Starker Tobak, Capitán. Wenn ich nicht irre, wurde das Buch allerdings nicht deshalb kritisiert."

    "So ist es. Man kritisierte, dass da am laufenden Band gemordet wird. Leider war die Geschichte aber so. Und in den Landser-Heftchen kommt die Judenvernichtung, die von der SS parallel zu dem Vordringen der Wehrmacht in den eroberten Ländern organisiert wurde, bekanntlich nicht vor."

    "Was schließen Sie daraus, Capitán?"

    "Ich sagte es bereits: Dass jedes Träumen nach vorwärts, das von einer Partei der Traumverantwortlichen propagiert wird, im Alptraum endet. Und so kam es ja auch, nicht nur in Deutschland und der Sowjetunion, auch in China und Kambodscha."

    "Was hat das alles denn mit dem schönen Bild aus Weimar zu tun?"

    "Mit den beiden jungen Leuten vermutlich nichts. Sie liegen auf der Wiese und erfreuen sich des Lebens. Dass das so ist, dass man es so fotografieren und ins Netz stellen konnte, dass man auf diese Weise darüber diskutieren kann, hat mit dem zu tun, was 1989 geschehen ist, als ein paar vernünftige Menschen das Rad der Geschichte weiterdrehten. So ist es eben: Man gibt dem Bild ein Thema, und es beginnt zu leben."