Und täglich grüßt das Murmeltier
Leopold überquerte also mal wieder den Hauptplatz, um durch eine Seitengasse zu dem Garten zu gelangen, in dem seine Linzer Freunde wohnten. Kilian und Ignaz wunderten sich natürlich, dass Leopold, den sie schon mitten im nächsten Abenteuer wähnten, immer noch im Lande war. Natürlich luden sie ihn ein, so lange zu bleiben, wie er wollte, und sie fragten ihn nach allen Regeln der Wichtelkunst aus. … und schließlich erzählte Leopold den Freunden dann auch von dem, was damals in Italien geschehen war:
„Gerade erst hatte ich die Ehre der nackten Wichtel im Schaufenster eines Kölner Kaufhauses gerettet, als ich von dieser Geiselnahme hörte, und sieben Zwerge kann man nicht einfach im Stich lassen, nur weil einem die Aufgabe zu gewaltig, zu unlösbar vorkommt. Doch es ist ein weiter und beschwerlicher Weg bis zum Mittelmeer. Das ist schließlich etwas anderes, als von Appelhülsen nach Oberholzklau zu gelangen, und den Plan, mich per Post schicken zu lassen, verwarf ich gleich wieder, denn ich kannte niemanden an der Blumenriviera, was mir bedauerlich erschien, denn für Gartenzwerge muss das eine vortreffliche Gegend sein.
Der Tag neigte sich jedenfalls bereits, als ich endlich in Bordighera eintraf. Es hatte eine Weile gedauert, in Nizza ein passendes Fahrzeug aufzutreiben, aber ein Lieferwagen, der Blumen zum Flughafen gebracht hatte und nun leer zurück fuhr, bot schließlich die günstige Gelegenheit, auf die ich stundenlang gewartet hatte.
Den Kopf schwer von trüben Gedanken hatte ich kaum Augen für die Schönheit der Landschaft, zudem ich in dem klapprigen Verschlag ohnehin nicht viel von der Blumenriviera erspähen konnte. Aber für Vergnügungen sollte
Zeit genug sein, wenn endlich die Mission, derentwegen ich die beschwerliche Reise auf mich genommen hatte,
erfüllt sein würde.
Zunächst suchte ich aber in der malerischen Altstadt Bordigheras nach dem Ort, wo meines Wissens mehrere Gartenzwerge in grausamer Geiselhaft gehalten werden sollten. Ich konnte mir gar nicht erklären, wie man die Gesellschaft überhaupt hatte überwältigen und verschleppen können, denn es sollte sich immerhin um sieben größere Zwerge handeln, die zudem einen hohen Prominentenstatus genossen. Ein gewisser Walt Disney hatte sie nämlich dereinst nach Hollywood geholt und einen erfolgreichen Film mit ihnen gedreht, in dem eine schwarzhaarige Schöne
eine durchaus tragende Rolle spielte. Auch von diesem Schneewittchen fehlte seit Jahren jede Spur. Eine seltsame Geschichte, die aber die Weltöffentlichkeit nicht weiter bewegte, denn die Stars von gestern sind schnell vergessen, sobald neue Sterne am Filmhimmel aufgehen.
Es dunkelte schon, als ich für diesen Tag die Suche aufgab und nach einem Unterschlupf für die Nacht Ausschau hielt. Als ich am nächsten Morgen von der Mauer des verlassenen, kleinen Gartens hinunter auf die Stadt blickte, glaubte ich meinen Augen nicht zu trauen... "
Ruth U. 30/11/2019 19:55
Der Lütte muss aufpassen, wenn er auf der Straße steht, ein Autofahrer könnte ihn leicht übersehen.Tekla-Maria 30/11/2019 13:18
wieder eine tolle Geschichte!! LG SonjaKlacky 30/11/2019 11:26
Ist seine Marei nicht das umgefärbte Schneewittchen?Heide G. 30/11/2019 11:06
auf deiner und Klackys Seite muss man viel Zeit mitbringen -Baerle on Tour 30/11/2019 10:51
Wir ham auch Hartbrandwichtel mit Zipfel vorne, Zipfel rechts und Zipfel links.Mira Culix 30/11/2019 10:06
Oh, eine schwarzhaarige Schöne! Hoffentlich vergisst er darüber nicht seine Holde.Andreas Boeckh 30/11/2019 9:56
Eine einsame, ja tragische Figur. Wer denkt da nicht unwillkürlich an Heideggers "Geworfensein in die Welt"?Andreas