Von der Gleichgültigkeit
Pflanzengesellschaft vor einer Mauer
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" ... Wir müssen wieder gute Nachbarn der nächsten Dinge werden und nicht so verächtlich wie bisher über sie hinweg nach Wolken und Nachtunholden hinblicken. In Wäldern und Höhlen, in sumpfigen Strichen und unter bedeckten Himmeln — da hat der Mensch, als auf den Kulturstufen ganzer Jahrtausende, allzulange gelebt, und dürftig gelebt. Dort hat er die Gegenwart und die Nachbarschaft und das Leben und sich selbst verachten gelernt — und wir, wir Bewohner der lichteren Gefilde der Natur und des Geistes, bekommen jetzt noch, durch Erbschaft, etwas von diesem Gift der Verachtung gegen das Nächste in unser Blut mit."
(aus: Friedrich Nietzsche. Menschliches, Allzumenschliches II. Ein Buch für freie Geister. Worin Gleichgültigkeit not tut)
Jadugaar 17/07/2021 14:57
Soziale Vererbung durch einfaches Mit(er)leben in der Familie, durch Erziehung und Umwelteinflüsse, hindert daran, ungebunden zu denken und zäunt ein. Sich davon freizumachen ist schwierig, eher gelingt es wohl, die eigenen Grenzen zu dehnen, zu weiten, etwas zu verschieben. Auch dabei stecken zwischendurch die Ur-Ur-Altvorderen im vorbeirauschenden Seelenleben ihren Kopf aus der Kutsche und rufen uns zu, was wir zu tun und zu lassen haben. Dein Foto der zarten Ranken vor dem dräuend wirkenden Hintergrund fängt diesen Gedanken ein.LG Jadugaar
wachtraum 06/01/2021 10:58
Poetisch schön mit den Spuren auf der Mauer!Siegi Auer 16/11/2020 16:26
Ui, hab ganz schön lang gebraucht um die AM zu studieren, dabei ist es so einfach nur dein Bild zu betrachten und in Einklang mit deinem gewählten Zitat es zu geniessen … ;-)LG
Klaus Boizo 01/10/2020 9:39
gefälllt mir, ist wie gemalt.lg
klaus
† werner weis 12/08/2020 8:52
ein YOGA-Zitat:" ...Gleichmut und Gelassenheit können leicht mit Gleichgültigkeit verwechselt werden. Gelassenheit bedeutet jedoch nicht, den Kopf in den Sand zu stecken und eine Opferhaltung einzunehmen..."
† werner weis 12/08/2020 8:49
wäre hier "Gleichmut"nicht eine positive Wendung
aus der Gleichgültigkeit heraus?
Christoph Beranek 08/06/2020 0:13
In der Natur ist alles gleich-gültig, denn alles ist systemisch miteinander verbunden. Jedes Element.jedes Lebewesen, sei es aus unserer Perspektive noch so winzig und scheinbar unbedeutend, hat einen Einfluss auf das gesamt System, also die belebte Natur in ihrer Gesamtheit. Wenn ich diesen Gedankengang auf die menschlichen Gesellschaften beziehe,komme ich zu der Erkenntnis, dass diese Haltung noch nicht sehr entwickelt ist ( Rassismus, die brutale Zerstörung der Natur etc.) Der Mensch fühlt sich nicht mehr als Teil der Natur, hat sich von ihr entfremdet. Und alles was uns fremd ist, ist uns auch ziemlich schnell gleichgültig, jetzt im umgangssprachlichen Sinn gemeint. Deine nebulöse Pflanzengemeinschaft hat sich wahrscheinlich zum gegenseitigen Nutzen gefunden und unterstützt sich durch ihre Ungleich - gültigkeit :-) Möglicherweise gibt es in der Gemeinschaft auch Unkräuter z.B. Brenneseln, die schnell aus der Gemeinschaft entfernt werden, obwohl es eigentlich im botanischen Sinne gar keine Un - Kräuter gibt.Eine interessante Arbeit, die viele Fragen aufwirft .
LG Christoph
Marina Luise 07/06/2020 11:40
Dein nebulöses Bild in dezenten Pastellgraustufen passt gut zum im Zitat beschriebenen " in sumpfigen Strichen und unter bedeckten Himmeln".Dein Titel lässt das Wort 'Gleichgültigkeit' im Kontext mit 'Pflanzengesellschaft' als etwas Positives stehen. Sie haben alle den gleichen Stand und Status und die gleiche Farbe - gelten alle gleich - sind 'gute Nachbarn'.
Hier wird das Wort 'Gleichgültigkeit' mal ganz anders beleuchtet und interpretiert - und das finde ich interessant!
troedeljahn 07/06/2020 3:57
Eine fantastische Bildgestaltung. Sie ist gefühlvoll und regt zum reinfühlen an.Viele Grüsse Wolfgang
gabi44 06/06/2020 21:06
Wir denken allgemein aber leben konkret. Also ist auch jeder für sein Tun verantwortlich. Wortspielereien sind dabei nicht hilfreich.B. Brecht: Was geschieht mit dem Loch, wenn der Käse gegessen ist?
Ich weiß es nicht und werde es auch nicht mehr erfahren. Aber vielleicht
treffen wir uns alle mal zusammen im "Schwarzen Loch", inhaltsschwer,
dichtgedrängt, grübelnd: was hätten wir tun können, wenn ....
lg gabi 44
manfred.art 06/06/2020 16:12
ich denke, wenn wir es einigermassen beeinflussen können, das heutige leben... dann haben wir viel erreicht, dein bild ist interessant gestaltet, herzlichst manfredMichael Jo. 06/06/2020 14:45
weg mit dem Unkraut ( " .. "),her mit solidem Beton
- und dessen Oberfläche sogleich mit
Anti-Graffity-Chemie beschichtet ...
und in die verbliebenen Betonpflaster-Ritzen
davor frühjährlich eine > ordentliche (!) <
Ladung ' Round Up ' .......
p.s.: mich gefreut Kerstin,
von Dir wieder einmal zu Betrachtendes
(und -lesendes) zu sehen !
LG., Michael
Neydhart von Gmunden 06/06/2020 10:26
... vielleicht auch ... von der Ignoranz .... und so weiter.Nüchtern betrachtet haben die West-Deutschen seit den späten 60igern das "schöne"
Leben wiederentdecken können. Wer viel leistet kann sich zeitversetzt bald auch selber
etwas leisten, z.B. ein schönes Auto oder eine tolle Reise ....
Lohn für ein hartes Arbeitsleben.
Wer möchte nicht schön und irgendwie zufrieden leben und auch .... bequem.
Dafür muß man halt auch Opfer bringen: "Kruppcher Husten", rauchende Schlote,
stinkende Flüsse und Bäche, Autobahnen ... wohin das Auge schaut und möglichst alle
zwei Jahre ein neues Auto, neue Möbel ...... etc.
Die brasilianischen Bauern wollen auch mal so etwas wie Wohlstand erfahren; dafür
wird Urwald gerodet. Die normale indische Familie will auch mal in einer besseren Be-
hausung leben können, dafür werden die Flüsse mit den Farbstoffen für Kleidung ge-
füllt. Und so weiter ...
Eigentlich ein ganz normaler Lebensprozess, über Jahrhunderte gewachsen. Nun ist es
so, dass die Verdichtung all dieser Lebensprozesse für ein schöneres Leben leider zu
Lasten der Natur geht und somit zu unserer Lebensgrundlage.
Wer möchte ernsthaft den Brasilianern vorwerfen wollen, dass sie unser Klima, unsere
Luft in Europa gefährden ?
Die Gewerkschaften entwickeln sich zur Interessenvertretung unserer Wirtschaft, der
Arbeitsplätze wegen. Vor Jahren versuchten die Gewerkschaften weltweit für gleiche
Arbeits- und Lebensbedingungen zu "kämpfen". Heute scheinen sie gegeneinander an-
zutreten. Wir müssen diese Art des Kapitalismus überwinden und zu einer Art weltwei-
ten abgestimmten Arbeitsteilung kommen, damit jeder Mensch und jedes Volk eine
reale und zufriedenstellende Lebensgrundlage hat und sich als anerkannten Teil dieser
Weltgemeinschaft sehen und fühlen kann. Und nur auf dieser Grundlage läßt sich letzt-
lich das Klima, diese Natur und dieser Planet retten.
Morgengruß, Neydhart
Coquitte 06/06/2020 0:58
Súper. Bella imagen. Saludoselstp 05/06/2020 22:17
Gleichgültigkeit (= gleich viel wert sein) vs. herausragend wertvollZitat Nietzsche (aus dem Bild-Begleittext): „…Wir müssen wieder gute Nachbarn der nächsten Dinge werden…“
Die Gleichgültigkeit wird evident durch das Bestreben, sich von der Allgemeinheit abzuheben; sie ist ein Zeichen von Schwäche, davon, sich kleiner zu fühlen als andere. Nicht zu verwechseln mit Zielstrebigkeit, nicht immer als Herausragen.
Nietzsches Nachbarn sind in ihrem Wesen vielseitig: das eine kann man gut, das andere durchschnittlich, ein weiteres kann man nicht so gut, bedarf dabei der Unterstützung durch andere. Oft dominiert das letztere Bedürfnis und vergiftet den Umgang mit den Nachbarn, weil man seine Schwachpunkte nicht akzeptiert und dadurch dann außerstande wird, sich unterstützen zu lassen. Es ist eine Not, die die Gesellschaft krank macht, denn weniger schwache haben das Bedürfnis, einen Nachbarn in seiner Schwäche zu stärken, damit dieser, aber auch die Nachbarschaft, nicht leiden muss. Das wird als Demütigung erlebt und führt zur Gleichgültigkeit gegenüber allen; es wirkt als Streben nach Dominanz.
Bild-Untertitel: Pflanzengesellschaft vor einer Mauer
Die Pflanzengesellschaft im Bild ist in ihrer Magerkeit herausragend gegenüber dem Untergrund und auch gegenüber der Mauer. Diese symbolisiert die Kraft, mit der an der Schwäche innerhalb einer Gemeinschaft festgehalten wird.
Gruß LILO