LONDON BC (Before Corona) - 79 - Hodge & Dr. Samuel Johnson
Letzte Woche ging's um Polly. Ihr erinnert euch?
...dieses exzentrische Papageien Mädchen aus dem "Cheshire Cheese".
Wir bleiben heute beim Animalischen, aber wechseln in's Reich der Katzen.
Wobei EIN Blick auf die Szene genügt und wir sehen: Keine Katze, nein, ein KATER!
Gestatten: Hodge.
Kater Hodge sitzt nun schon etliche Jahre in Bronze gegossen auf seinem Podest,
blickt auf das Haus im Hintergrund und wartet, dass mal wieder die Tür aufgeht...
Dahinter logiert sein Herrchen, Dr. Samuel Johnson, "brightest mind AND greatest cat lover of his time."
Welche Zeit? 18. Jahrhundert. Und wo sind wir hier überhaupt? Sorry, I forgot...
Also...: Fleet Street... - [doch, schon mal gehört] - und eintauchen in ein Gewirr von Passagen und Höfen,
und schließlich: Gough Square [sprich: "Gau"] und schon sind wir da. Ging doch fix!
Und was hat es jetzt mit diesem Johnson auf sich? ... - sorry: DOCTOR Johnson!
Tja... Unter Intellektuellen und Schreibern des englischen 18.Jahrhunderts
ist SJ (1709-84) unbestritten der klügste Kopf weit und breit.
Wer was auf sich hält, sucht den Kontakt mit ihm, kriegt ihn aber meist nicht.
Seine abendlichen Tafel- und Saufrunden im Umkreis der Fleet Street sind legendär;
aufgenommen wird nur, wer aus Sicht des Meisters geistreich, gebildet und unterhaltsam ist...
...und - muss man hinzufügen - wer an seinen "bad manners" keinen Anstoß nimmt -
Kaskaden von Flüchen, obszön und peinlich, bei denen er jede Selbstkontrolle verliert:
Dr. Johnson leidet am Tourette Syndrom (damals noch nicht diagnostizierbar).
Doch kommen wir endlich zu Hodge auf seinem Podest, der sitzt und sitzt und wartet und wartet...
Und was liegt da eigentlich neben ihm? Vorschläge dazu aus der Runde? Niemand?
Gut, dann also die nackte und wässrige Wahrheit. Austernschalen.
Wie - - - AUSTERN?!
Ja, Austern waren im London des 18.Jahrhunderts ein Massenartikel und spottbillig.
So billig, dass man sie einfach an seine Katze(n) verfütterte. An einen wie Hodge sowieso.
Denn, sagte sein kluges Herrchen, "...he is a very fine cat indeed."
PS
Das Wohnhaus - eine stille Zeitkapsel mit knarrenden Dielen - steht allen Neugierigen offen.
Und fast immer ist man dort allein.
Mitten in London.
Beate Radziejewski 17/02/2021 20:37
Hach wieder eine so unglaublich tolle Geschichte und ein feines Foto dazu …beides große Klasse ...
und unter Deiner Antwort für Max habe ich Dir noch etwas Wichtiges geschrieben
Bitte lesen und beachten :))
Liebe Grüße
Beate
GwenDalina 13/02/2021 13:21
Ob es tatsächlich so erstrebenswert war, an den Tafel- und Saufrunden des Dr. Samuel Johnsons seinerzeit teilzunehmen, lasse ich mal dahin gestellt. Aber Deine spannende Geschichte zum Foto zu lesen, ist auf jeden Fall wieder ein rhetorischer Glanzpunkt und, wie schon mehrfach zu recht anerkennend erwähnt, ein literarisches Schmankerl. So gehen Dein tolles Foto und Dein wunderbarer Text eine Symbiose der Extraklasse ein, die Dich hier so einmalig machen. Dieter, für Text und Foto gibt es wieder 12 von 10 Punkten!B.Hermann 13/02/2021 11:43
Wieder eine deiner hervorragenden Geschichten.VG Bernd
s. monreal 13/02/2021 7:42
Ich schließe michMax_Schwarz und @Goldfisch an. Großartig und mach (noch) mehr draus!!! VG StephanGoldfisch 13/02/2021 1:10
Hi ... du erzählst in einem so fesselnden Stil... das Bild erhält soviel „Lebendigkeit“ ... eine Freude sich von Dir mitnehmen zu lassen ... in die Geschichten deiner Bilder !!!! Danke dafür !!!Liebe Grüße!!!!
Mario_MS 13/02/2021 0:09
Da sitzt er nun mit seinen Austern und wartet ... sein ewig glänzendes Fell kommt in deinem kontrastreichen Bild wunderbar zur Geltung. Genauso glänzend ist deine Idee, das Haus von Dr. Johnson auf diese Art zu fotografieren. Kann ich nur zitieren: „but he is a very fine cat, a very fine cat indeed“.walterrichardlanger 12/02/2021 23:54
Wie Du Hodge über die Schulter schaust....Weche Geschichte Du uns dazu servierst....
Großartig wie immer....